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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
17. Kapitel:
 
Krishna
 
Kṛṣṇa verschluckt den Waldbrand


 

Nachdem König Parīkṣit von der Bestrafung Kāliyas gehört hatte, waren ihm zwei Dinge noch unklar, und so fragte er Śukadeva Gosvāmī, warum Garuḍa Kāliya so feindlich gesinnt war, und warum Kāliya das paradiesische Eiland, von dem die Rede war, verließ. Śukadeva Gosvāmī berichtete dem König darauf von einer Insel, die als Nāgālaya bekannt war, und die von Schlangen bewohnt wurde, von denen Kāliya einer der Führer war. Garuḍa, der es liebt, Schlangen zu essen, pflegte diese Insel zu besuchen und viele Schlangen nach seinem Willen zu töten. Einige von ihnen aß er tatsächlich auf, aber viele wurden auch unnötig getötet. Die Schlangengemeinschaft wurde dadurch so verängstigt, daß Vāsuki, ihr Führer, Brahmā um Schutz bat. Brahmā riet den Schlangen daraufhin zu einer Vorkehrung, die Garuḍa künftig davon abhalten würde, die Schlangen zu behelligen: In jeder Halbmondnacht sollte die Schlangengemeinschaft Garuḍa eine Schlange als Opfer unter einen Baum legen. Garuḍa war damit zufrieden und tat von da an keiner anderen Schlange etwas zuleide.

Aber nach einiger Zeit schon mischte sich Kāliya in diese Angelegenheit, der die Situation geschickt zu nutzen verstand. Durch die Giftmenge, die er angesammelt hatte, und durch seine materielle Macht hochmütig geworden, dachte er: »Warum soll gerade Garuḍa dieses Opfer erhalten?« Er verhinderte deshalb jede Opferung und aß statt dessen selbst die Schlange, die für Garuḍa bestimmt waren. Als Garuḍa, der große Gottgeweihte und gefiederte Träger Viṣṇus erkannte, daß Kāliya sich seine Opfergaben geholt hatte, überfiel ihn gewaltiger Zorn und ergrimmt stürzte er auf die Insel nieder, um die frevlerische Schlange zu töten. Zuerst wagte Kāliya, gegen Garuḍa zu kämpfen, und bot ihm mit seinen vielen Häuptern Widerstand, indem er ihn mit seinen scharfen Giftzähnen zu beißen versuchte, aber Garuḍa, der Sohn Tārksyas, schlug mit der gewaltigen Kraft, die dem Träger Viṣṇus einzig ist, voll Ingrimm den Körper Kāliyas mit seinen strahlenden goldenen Schwingen. Kāliya, der auch als Kadrūsuta, der Sohn Kadrūs bekannt ist, floh daraufhin zu einem See, der am Unterlauf des Yamunā-Flusses liegt, und dem sich Garuḍa nicht nähern konnte. Dieser See, der später den Namen Kāliyadaha erhielt, war aus folgendem Grund für Garuḍa nicht zugänglich: So wie Garuḍa die Insel der Kāliya-Schlange aufsuchte, liebte er es, zur Yamunā zu fliegen, um dort Fische zu fangen. Es lebte dort jedoch der große yogī Saubhari Muni, der im Wasser zu meditieren pflegte und den Fischen sehr zugeneigt war. Er bat Garuḍa, die Fische in Frieden zu lassen. Weil Garuḍa der gefiederte Träger Viṣṇus ist, kann ihm niemand etwas befehlen, doch wollte er nicht die Weisung des großen yogīs mißachten, und so verließ er, statt zu bleiben und sich an den Fischen gütlich zu tun, den Ort und trug nur einen großen Fisch mit sich fort, der unglücklicherweise der Führer aller anderen war. Saubhari Muni war bekümmert, daß einer seiner Schützlinge durch Garuḍa umkommen mußte, und um die Fische für die Zukunft zu schützen, sprach er folgenden Fluch über Garuḍa: »Vom heutigen Tag an soll Garuḍa nie mehr hierherkommen. Erscheint er doch an diesem Ort, so soll er - und das sage ich mit aller Macht, die ich besitze - augenblicklich sterben.«

Von diesem Fluch wußte nur Kāliya, und da es ihm sicher schien, daß Garuḍa sich dem See nicht zu nähern wagte, hielt er es für das klügste, sich in Saubhari Munis Bereich zu flüchten. Doch auch das konnte Kāliya nicht retten, denn er wurde, wie wir bereits erfahren haben, später von Kṛṣṇa, dem Herrn Garuḍas, aus der Yamunā vertrieben. Man muß wissen, daß Garuḍa eine direkte Beziehung zum Höchsten Persönlichen Gott hat und daher so mächtig ist, daß ihm keine Verwünschung etwas anhaben kann. Im Grunde beging Saubhari Muni deshalb ein schweres Vergehen, als er Garuḍa verfluchte, der, wie im Śrīmad-Bhāgavatam gesagt wird, von gleichem Rang ist wie Bhagavān, der Höchste Persönliche Gott. Obwohl Garuḍa nicht versuchte, sich zu rächen, blieben die Folgen auf den Frevel des Munis gegen den großen Vaiṣṇava nicht aus. Saubhari fiel wegen seines Vergehens von seiner fortgeschrittenen Stufe als yogī herunter und wurde bald ein Haushälter und Sinnengenießer in der materiellen Welt. Der Fall Saubhari Munis, von welchem gesagt wird, er habe durch seine Meditation bereits die Stufe ständiger spiritueller Glückseligkeit erreicht, ist eine Lehre für diejenigen, die sich gegen die Vaiṣṇavas vergehen.

Als Kṛṣṇa schließlich dem See Kāliyas entstieg, sahen Ihn alle Seine Freunde und Verwandten, die Ihm am Ufer der Yamunā entgegenkamen. Er war prächtig geschmückt, von Kopf bis Fuß mit candana-Paste bestrichen, mit wertvollen Juwelen und Edelsteinen bedeckt und fast völlig in Gold eingehüllt. Bei dem Anblick Kṛṣṇas, wie Er gerade der Yamunā entstieg, war es den Einwohnern von Vṛndāvana, den Kuhhirtenjungen und -männern, Mutter Yaśodā, Nanda Mahārāja und den Kühen und Kälbern, als hätten sie ihr Leben wiedergewonnen. Wenn ein Mensch zu neuem Leben gelangt, ist es ganz natürlich, daß er von Freude und Glück erfüllt wird. Sie alle drückten Kṛṣṇa deshalb an ihre Brust, wobei sie große Erleichterung fühlten. Mutter Yaśodā, Rohiṇī, Mahārāja Nanda und die Kuhhirten waren so glücklich, daß sie Kṛṣṇa immer wieder umarmten und es ihnen vorkam, als liege darin ihr endgültiges Lebensziel. Auch Balarāma umarmte Kṛṣṇa, doch Er lachte, weil Er die ganze Zeit über gewußt hatte, was mit Kṛṣṇa geschehen würde, während alle anderen von Angst überwältigt waren. Alle Bäume am Ufer der Yamunā, alle Kühe, Stiere und Kälber waren überglücklich, weil Kṛṣṇa wieder bei ihnen war. Die brāhmaṇas von Vṛndāvana kamen mit ihren Frauen herbei, um Kṛṣṇa und Seine Angehörigen zu beglückwünschen, und sie gaben Kṛṣṇa und Seiner Familie zu Seiner glücklichen Rettung ihren Segen. Die brāhmaṇas werden als die geistigen Meister der Gesellschaft angesehen. In diesem Fall schlugen sie Nanda Mahārāja vor, ihnen anläßlich des Ereignisses Spenden zu überreichen, und weil Mahārāja Nanda über Kṛṣṇas Wiederkehr so froh war, schenkte er den brāhmaṇas viele Kühe und eine Menge Gold. Während sich Nanda Mahārāja den brāhmaṇas widmete, umarmte Mutter Yaśodā Kṛṣṇa einfach und hielt ihn auf ihrem Schoß, während sie unaufhörlich Tränen vergoß.

Weil es schon dämmerte und alle Einwohner von Vṛndāvana einschließlich der Kühe und Kälber sehr müde waren, beschlossen sie, am Ufer des Flusses im Schutz der Bäume zu übernachten. Mitten in der Nacht jedoch, als sie alle fest schliefen, brach plötzlich ein ungeheurer Waldbrand aus, und es schien, als würde das Feuer bald alle Einwohner von Vṛndāvana verschlingen. Sowie sie von der Hitze des Feuers erwachten, suchten sie beim Höchsten Persönlichen Gott Zuflucht, obwohl Er immer noch die Rolle ihres Kindes spielte. Sie beteten: »Lieber Kṛṣṇa, o Höchster Persönlicher Gott! Lieber Balarāma, o Besitzer aller Kraft! Bitte versucht, uns vor diesem alles verschlingenden und verwüstenden Feuer zu retten; wir haben keine andere Zuflucht als Euch.« So beteten sie zu Kṛṣṇa, und sie sagten, daß sie nirgends Zuflucht suchen könnten als bei Seinen Lotosfüßen. Śrī Kṛṣṇa, der Mitleid mit den Bewohnern Vṛndāvanas hatte, verschluckte daraufhin den gesamten Waldbrand, und sie waren gerettet. Dies war leicht möglich für Kṛṣṇa, denn Er ist unbegrenzt. Er besitzt unbegrenzte Kräfte, um alles zu tun, was Ihm beliebt.

Hiermit enden die Erklärungen Bhaktivedantas zum 17. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Kṛṣṇa verschluckt den Waldbrand«.