DIE QUELLE ABSOLUTEN WISSENS

von Seiner Göttlichen Gnade A.C Bhaktivedanta Swami Prabhupāda
Gründer und ācārya der Internationalen Gesellschaft für Kṛṣṇa-Bewußtsein


Die Quelle Absoluten Wissens    

BHAKTI-YOGA VERWIRKLICHT

In der Bhagavad-gītā sagt Kṛṣṇa zu seinem Schüler Arjuna: „Weil du Mein geliebter Freund bist, verkünde Ich dir tiefes und geheimes Wissen." Im Vierten Kapitel heißt es, daß Arjuna die Bhagavad-gītā verkündet wurde, weil er sein Leben Gott geweiht hatte. Kṛṣṇa sagt, daß die Bhagavad-gītā ein großes Geheimnis ist. Ohne sein Leben bedingungslos Gott zu weihen, kann man sie nicht verstehen. Allein in Indien gibt es 645 verschiedene Kommentare zur Gītā. Für einen der Kommentatoren, einen Professor, ist Kṛṣṇa der Arzt und Arjuna der Patient. Andere glauben, daß jeder Mensch vollkommen ist und daß sie ganz nach Belieben die heiligen Schriften interpretieren können. Wir dagegen versuchen, die Bhagavad-gītā ganz im Sinne der Unterweisungen, die in der Gītā gegeben werden, zu lesen. Diese Möglichkeit gibt uns die guru paramparā (die Nachfolge der großen Geisteslehrer). Kṛṣṇa als der Höchste verkündet die Gītā: „Weil du Mein geliebter Freund bist, möchte Ich, daß du erfüllt und glücklich wirst. Deshalb spreche Ich zu dir." Kṛṣṇa möchte, daß jeder glücklich und erfüllt, voller Frieden wird, aber die Menschen wollen das nicht. Der Sonnenschein ist für jeden da, aber wenn jemand in der Dunkelheit bleiben will, was kann der Sonnenschein dann für ihn tun? So ist auch die Gītā für jeden da. Es gibt verschiedene Lebensformen und gleichzeitig auch niedrigere und höhere Ebenen der Erkenntnis. Kṛṣṇa aber sagt, daß dieses Wissen für jeden da ist, auch wenn man von niedriger Geburt ist. Das ist gleichgültig. Die Bhagavad-gītā ist eine transzendentale Schrift und jeder, der dem Prinzip folgt, das im Vierten Kapitel niedergelegt ist, kann sie auch verstehen. Die Gītā ist also durch die Nachfolge der echten Geisteslehrer überliefert worden: „Diesen yoga verkündete ich zuerst dem Sonnengott Vivasvān. Der gab dieses Wissen weiter an Manu, und Manu gab es weiter an Ikṣvāku." Diese Nachfolge der großen Meister geht direkt von Kṛṣṇa aus, aber „im Laufe der Zeit entstand eine Lücke in dieser Nachfolge."

Deshalb beginnt die neue Nachfolge mit Arjuna. Im Zweiten Kapitel dann, gibt sich Arjuna hin: „Bisher haben wir als Freunde miteinander gesprochen, aber jetzt akzeptiere ich Dich als meinen geistigen Meister." Jeder, der die Grundsätze dieser Nachfolge befolgt, akzeptiert den guru als Kṛṣṇa, und der Schüler muß wie Arjuna sein. Kṛṣṇa spricht als geistiger Meister Arjunas, und Arjuna sagt: „Was immer Du auch sprichst, ich akzeptiere es." So muß man es lesen und nicht: „Das gefällt mir, deshalb akzeptiere ich es; das gefällt mir nicht, deshalb akzeptiere ich es nicht." Derartiges Lesen ist sinnloser Unfug.

Der guru muß ein Beauftragter Kṛṣṇas sein, ein Gottgeweihter, und der Schüler muß wie Arjuna sein. So kann man Kṛṣṇa-Bewußtsein wirklich studieren. Sonst verschwendet man nur seine Zeit. Im Śrīmad-Bhāgavatam heißt es: „Jeder, der die Wissenschaft über Kṛṣṇa begreifen will, muß mit echten Gottgeweihten Gemeinschaft halten. Die Gespräche der echten Gottgeweihten offenbaren die Macht der spirituellen Sprache." Die Diskussionen der Gelehrten über die Gītā sind nutzlos. In den Upaniṣaden heißt es: „Demjenigen, der fest an Gott und Seine von Ihm Beauftragten glaubt, dem wird der Sinn der vedischen Sprache offenbart." Wir müssen allerdings Gottgeweihte sein. Mein geistiger Meister sagte immer: „Versucht nicht, Gott zu sehen. Handelt so, daß Gott euch sehen wird." Wir müssen uns qualifizieren, dann kommt Gott selbst, um uns zu sehen.

Wenn wir Gott wahrnehmen können, dann können uns Bedürfnisse dieser materiellen Welt nicht mehr berühren. In der materiellen Welt sind wir ständig unzufrieden, weil sie keiner Situation Beständigkeit gibt. Glück ist vergänglich, aber auch das Unglück ist nicht von Dauer. Kälte, Hitze, Dualität - all das kommt und geht wieder. Kṛṣṇa-Bewußtsein aber bringt uns auf die absolute Ebene. Kṛṣṇa weilt im Herzen eines jeden Wesens, und sobald wir gereinigt werden, zeigt Er uns auch den Weg. Und am Ende dieses Lebens können wir dann diesen Körper verlassen und in die spirituelle Welt eingehen.

„Niemand kennt Mich", sagt Kṛṣṇa, „Niemand kennt Meinen Einfluß, Meine Kraft und Mein Ausmaß. Nicht einmal die mahāṛṣis (die großen Denker) kennen Mich. Ich bin der Ursprung aller Halbgötter und aller ṛṣis." Es gibt unzählige Vorfahren, von denen wir überhaupt nichts wissen, es gibt Brahmā und die Halbgötter - was wissen wir schon davon? Wir können nicht auf die Ebene gelangen, wo wir Gott begreifen können. Mit unseren begrenzten Sinnen versuchen wir, Wissen zu erlangen, aber Kṛṣṇa kann man nicht mit dem Verstand, dem Zentrum der Sinnesorgane, näherkommen. Die unvollkommenen Sinne können kein vollkommenes Wissen verstehen. Durch künstliche Beeinflussung des Verstandes und der Sinne können wir uns Ihm auch nicht nähern. Wenn wir aber beginnen, mit unseren Sinnen Gott zu dienen, dann können wir Seine Offenbarung durch unsere Sinne wahrnehmen.

Die meisten Menschen meinen vielleicht, „was kümmert mich Gott? Wozu Ihn verstehen? Was soll's? Soll Er bleiben, wo Er ist, und ich bleibe, wo ich bin." Aber in den śāstras, den heiligen Schriften steht geschrieben, daß gutes, selbstloses Tun uns Schönheit, Wissen und gute Geburt geben wird, während uns schlechtes, selbstisches (sündhaftes) Tun nur Leid bringt. Leid gibt es immer. Trotzdem ist da ein Unterschied. Denn wer in Gotterkenntnis gründet, der wird von allen Auswirkungen sündhaften Tuns befreit, und das kann nie durch bloßes selbstloses Tun erreicht werden. Wenn wir von Gott nichts wissen wollen, dann können wir auch niemals glücklich werden.

Die Halbgötter sind intelligenter als die Menschen, sie stehen auf einer höheren Ebene, aber auch sie kennen Kṛṣṇa nicht. Genausowenig kennen Ihn die sieben großen Weisen, deren Planet sich neben dem Nordstern befindet. Kṛṣṇa sagt: „Ich bin der Ursprung all dieser Halbgötter." Er ist der Vater; nicht nur der Ursprung der Halbgötter, sondern auch der Ursprung aller Weisen und der Ursprung des Universums. Das Śrīmad-Bhāgavatam beschreibt die Entstehung der Universen und wie alles von Ihm ausgeht. Kṛṣṇa ist auch der Ursprung des Paramātmā, der Überseele, und der Ursprung des unpersönlichen brahmajyoti, der leuchtenden Ausstrahlung, die von Ihm ausgeht. „Von allem bin ich der Ursprung," sagt Kṛṣṇa. Die Absolute Wahrheit kann in drei verschiedenen Phasen wahrgenommen werden, ist aber ein vollkommenes Ganzes, d.h. nicht dualistisch. Brahman (die leuchtende Ausstrahlung), Paramātmā (die im Herzen eines jeden Wesens anwesende Überseele) und Bhagavān (das Höchste Wesen) sind drei Erscheinungen oder Aspekte Gottes.

Wenn niemand die Höchste Göttliche Person kennt, wie kann Er dann überhaupt erkannt werden? Er kann erkannt werden, wenn Er, der Höchste Herr, vor uns erscheint und sich uns offenbart; dann können wir Ihn erkennen. Unsere Sinne sind unvollkommen, und sie sind nicht imstande, die Höchste Wahrheit zu erkennen. Wenn wir aber eine ergebene Haltung einnehmen und chanten, dann beginnt die Erkenntnis mit der Zunge. Mit der Zunge sprechen wir und mit der Zunge nehmen wir Nahrung auf. Wenn wir die Zunge zügeln, indem wir prasādam, geweihtes Essen, zu uns nehmen und den heiligen Gottesnamen aussprechen, dann können wir auch alle anderen Sinne beherrschen. Wenn wir nicht imstande sind, die Zunge zu zügeln, können wir auch nicht unsere anderen Sinne beherrschen. Man muß prasādam zu sich nehmen, dann macht man in spiritueller Erkenntnis Fortschritt. Jeder kann das bei sich zuhause in seiner Wohnung tun: wir opfern Kṛṣṇa vegetarische Speise, chanten den Hare Kṛṣṇa-mantra und neigen uns in Ehrfurcht:

नमो ब्रह्मण्यदेवाय गोब्राह्मणहिताय च |
जगद्धिताय कृष्णाय गोविन्दाय नमो नमः ||

nnamo brahmanya-devaya go-brāhmaṇa-hitāya ca
jjagat-hitāya kṛṣṇaya govindāya namo namaḥ

Jeder kann opfern und dann zusammen mit seinen Freunden essen. Und jeder kann vor dem Bildnis Kṛṣṇas chanten und ein reines Leben führen. Die ganze Welt wird wie Vaikuṇṭha werden -dort, wo es keine Angst gibt. Wir alle sind von Angst erfüllt, weil wir uns dem Leben im Weltall der Materie zugewandt haben. In der spirituellen Welt ist das ganz anders. Keiner weiß jedoch, wie man sich von diesen materiellen Lebenszielen lösen kann. Rauschmittel zu nehmen hilft auch keinem; wenn der Rausch vorbei ist, sind sofort die gleichen Ängste wieder da. Um frei zu werden und ein unvergängliches Leben in Glück und Erkenntnis zu leben, muß man bei Kṛṣṇa Zuflucht suchen. Obgleich niemand imstande ist, Gott zu erkennen, gibt es doch einen Weg: Das Kṛṣṇa-Bewußtsein.

Im Śrīmad-Bhāgavatam  wird gesagt, daß niemand Ihn besiegen oder sich Ihm nähern kann, aber daß Er trotzdem besiegt wird. Wie ist das möglich? Der Mensch kann ruhig in seiner jeweiligen Lebenssituation bleiben, aber er muß unbedingt alle unsinnigen Spekulationen aufgeben, die durch das Lesen unzähliger Bücher hervorgerufen worden sind. Tausende von Büchern werden gedruckt und gelesen und nach ein paar Monaten werden sie wieder fortgeworfen. Es ist unmöglich, den Höchsten durch Spekulationen, die auf Erkenntnisse unserer abgestumpften Sinnesorgane beruhen, zu erkennen. Man muß diese Art des Forschens aufgeben, sich davon freimachen und sich eine ergebene Haltung zu eigen machen. Man muß zu erkennen beginnen, daß man begrenzt ist und der materiellen Natur wie auch Gott untersteht. Niemand kann Gott gleichkommen oder größer sein als Er. Deshalb müssen wir demütig werden. Wir müssen versuchen, von autorisierten Quellen über den Ruhm des Höchsten zu hören. Diese Autoritäten gehören der Nachfolge der echten Geisteslehrer an. Wenn wir versuchen, dem Beispiel Arjunas zu folgen, dann wird uns auch wirkliches Wissen zuteil werden. Gott ist immer bereit, sich zu offenbaren, man muß nur Kṛṣṇa-bewußt werden. Man muß dem Pfad folgen, der von den großen ācāryas, den in hingebungsvoller Liebe dienenden Lehrern, beschritten wurde, und dann wird sich alles sehr bald klären. Obgleich Er unbesiegbar ist und niemand Ihn kennt, kann Er doch erkannt werden.

Wenn wir diesen Weg gehen und den Prinzipien folgen, was wird sich dann daraus ergeben? Wir werden zu erkennen beginnen, daß Gott die Ursache aller Ursachen ist und daß Er selbst ursachlos ist. Er ist der Herr aller Planeten. Das hat nichts mit blindem Akzeptieren zu tun. Gott hat uns die Fähigkeit gegeben, logisch zu denken, zu argumentieren, aber wir müssen uns davor hüten, falsch zu argumentieren. Wenn wir in diese transzendentale Wissenschaft eindringen wollen, dann müssen wir zunächst einmal lernen, uns unterzuordnen und uns hinzugeben. Wir müssen uns einer Autorität unterordnen und sie gleichzeitig auch durch gewisse Merkmale als solche erkennen. Man darf sich keinem Dummkopf und keinem Heuchler unterordnen, man muß vielmehr jemanden finden, welcher der Nachfolge der großen Meister angehört, jemanden, der von der Höchsten Absoluten Wahrheit völlig überzeugt ist. Wenn man solch einen Menschen findet, muß man sich ihm hingeben und versuchen, ihn zu erfreuen, ihm zu dienen und ihm Fragen zu stellen. Sich einer solchen großen Seele unterzuordnen bedeutet, sich Gott unterzuordnen. Man muß fragen, um zu lernen, und man darf seine Zeit nicht mit irgendetwas anderem vergeuden.

Es gibt also den Weg, der zur wirklichen Erkenntnis führt, aber wenn wir uns an Sinnesgenuß berauschen und damit unsere Zeit verschwenden, dann werden wir Ihn, den Unvergleichlichen, niemals schauen. Wir müssen den Prinzipien folgen und allmählich werden wir von allen Zweifeln frei und erlangen Erkenntnis. Wir werden erkennen, daß wir Fortschritte machen, denn der Vorgang ist sehr einfach, und wir werden glücklich dabei sein - studieren Sie also dieses Kṛṣṇa-Bewußtsein. Chanten Sie und essen Sie prasādam; Sie werden nicht leer ausgehen. Wenn Sie allerdings betrogen werden wollen - dann gehen Sie zu den Betrügern.

Wir müssen versuchen, alles durch die autoritative Quelle zu verstehen und die gewonnene Erkenntnis dann praktisch in unserem Leben anwenden. Unter den dahinsiechenden Sterblichen werden wir die Intelligentesten sein, weil wir von allem sündhaften Tun frei werden. Wenn wir für Kṛṣṇa tätig sind, werden wir frei von allen Auswirkungen sündhaften Tuns. Wir werden uns keine Sorgen mehr machen über das was glückbringend und das, was unglückbringend ist, denn wir haben uns ja dem immer und überall Glückbringenden zugewendet. Das ist der Weg. Wir können mit Kṛṣṇa wirklich Verbindung aufnehmen und in diesem Leben Erfüllung finden. Und das kann jeder, weil es sehr einfach ist.

Der Weg wird von Kṛṣṇa selbst gegeben: man muß verstehen, wer Er eigentlich ist. Kṛṣṇa ist der Ungeborene und Er hat keinen Ursprung. Wir alle wissen, daß wir geboren, daß wir durch unsere Väter gezeugt wurden. Gibt sich jemand als Gott aus, dann muß er beweisen, daß er ungeboren ist und keinen Ursprung außer sich selbst hat. Also, wir werden geboren. Aber Kṛṣṇa wird nicht geboren. Das müssen wir genau verstehen. Wenn wir das nämlich verstehen, dann sind wir fest davon überzeugt, daß Er der Ursprung ist,  aber Selbst ursprunglos ist. Und da Er keinen Ursprung außer Sie selbst hat, ist Er der Eigentümer aller Manifestationen. Jemand, der diese einfache Philosophie versteht, beginnt, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind.

Im allgemeinen sehen wir die Dinge nicht so, wie sie wirklich sind, deshalb werden wir ständig getäuscht. Wir kommen uns zum Beispiel als Eigentümer eines Grundstückes vor, aber dieses Grundstück gab es schon vor unserer Geburt, und dieses Stück Boden wird es auch nach unserem Tode noch geben. Trotzdem aber stellen wir weiter diese Besitzansprüche - von Geburt zu Geburt: „Mein Grund und Boden, mein Stück Land!" Das ist solch ein Unsinn. Man muß von dieser Täuschung frei werden. Wenn wir aber nur materialistische Lebensziele kennen, dann werden wir ständig getäuscht. Wir müssen erkennen können, ob wir getäuscht werden oder nicht, denn alle von der Materie abhängig gewordenen Seelen werden getäuscht. Und nur für denjenigen gibt es keine Hindernisse mehr, der lernt, von allen Täuschungen frei zu werden. Wenn wir von allen Ketten und Bindungen frei werden wollen, dann müssen wir versuchen, Gott zu verstehen; das ist die einzige Möglichkeit und gleichzeitig auch unsere allererste Pflicht.

Unter Millionen von Menschen erlangt vielleicht ein einziger Erkenntnis. Wir alle sind große Dummköpfe. Von unseren Eltern lernen wir nur, Dinge als unser Eigen zu betrachten, die uns gar nicht gehören. Durch nationales Denken werden wir zu noch größeren Toren. Ist das denn nicht töricht? Von Geburt zu Geburt wechseln wir unsere Körper, wie ein Gewand. Wir haben nicht nur dieses eine Gemüt, wir haben viele Gemüter und viele Gewänder, aber warum beanspruchen wir dann gerade diesen jetzigen Leib und Geist als unser eigen? Warum begreifen wir nicht: „Dieses Gewand ist ja sehr schön, aber im nächsten Augenblick schon kann ich in einem anderen stecken." Die Natur hat uns fest in ihrem Griff. Wir können nicht einfach sagen, was für ein Gewand wir haben wollen: „Natur, ich möchte Amerikaner werden." Nein, die materielle Natur entscheidet das. Wenn wir wie Tiere leben, bekommen wir das Gewand eines Tieres. Und wenn wir gottbewußt leben, bekommen wir ein Gewand, daß uns befähigt, mit Gott zusammenzuleben.

Unter unzähligen Toren gibt es vielleicht einen einzigen, der sich fragt, wer er eigentlich ist. Hund? Amerikaner? Russe? Wenn wir diese Fragen stellen, dann müssen wir jemand anderen zu fragen beginnen, nicht nur uns selbst. Wenn wir in einer Stadt nicht Bescheid wissen, dann müssen wir einen Polizisten oder sonst irgend jemanden fragen. Um herauszufinden, wer wir eigentlich sind, müssen wir auch jemanden fragen, der uns Auskunft geben kann. Was ist nun ein geistiger Meister? Er ist ein Mensch, der mit der Gotteswissenschaft vertraut ist. Gewöhnlich stellt niemand diese Fragen, aber wenn man das tut, dann kann man wirklich vorankommen und man wird erkennen, daß Kṛṣṇa der Ursprung aller Ursprünge ist.

Vier Arten von Menschen, die den heiligen Schriften und einer höheren Autorität folgen, versuchen, Kṛṣṇa zu verstehen. Diejenigen, die sich ganz dem sündhaften Tun widmen, können nichts verstehen. Sie lassen auch von ihrem unsinnigen Tun nicht ab. Die rechtschaffenen oder die frommen Menschen versuchen, zu verstehen - sie wenden sich Gott zu. Allen Menschen wird diese Möglichkeit gegeben, um sie glücklich zu machen; nicht um sie auszubeuten. Es ist das Ziel der Internationalen Gesellschaft für Kṛṣṇa-Bewußtsein (ISKCON), allen Menschen die Gotteswissenschaft verständlich zu machen. Jeder Mensch will glücklich werden, und hier hat er die Möglichkeit, wirklich glücklich zu werden. Der Mensch leidet an den Auswirkungen seines sündhaften Tuns, aber wenn diese Auswirkungen aufhören, dann hört auch das Leid auf. Wenn wir Kṛṣṇa klar erkennen, dann werden wir auch von allen Reaktionen befreit. Kṛṣṇa sagt: „Komm zu Mir. Ich mache dich frei von allen Reaktionen." Daran dürfen wir nicht zweifeln. Er kann uns Schutz gewähren. Er ist allmächtig. Wenn ich jemandem das gleiche Versprechen gebe, dann kann ich dieses Versprechen nicht halten, weil ich keine Allmacht habe.

Wenn wir uns dem Kṛṣṇa-Bewußtsein widmen, wird dadurch wieder unsere schlummernde Beziehung zu Kṛṣṇa geweckt. Wir alle haben eine Beziehung zu Ihm und nur durch Dummheit stellen wir eine solche Beziehung in Frage. Wir befinden uns im Bann der Illusion, deshalb glauben wir, wir hätten keine Beziehung zu Kṛṣṇa. Wir glauben, wir seien unabhängig, aber das ist Unsinn. Wir lassen von diesem Unsinn jedoch nicht ab und sind deshalb ständig voller Furcht. Wenn jedoch die verborgene Liebe für Kṛṣṇa in uns erwacht, dann beginnen wir unser Tun im Kṛṣṇa-Bewußtsein auszuführen.

„Gott ist ungeboren," weist darauf hin, daß Er anders ist als die materielle Welt. Durch unsere praktische Erfahrung können wir das nicht begreifen, denn selbst diese Stadt wurde geboren, und in der Geschichte finden wir viele solcher Daten. Spirituelle Natur aber ist ungeboren. Diesen Unterschied müssen wir zu erkennen beginnen - die materielle Natur wird geboren. Wenn Kṛṣṇa ungeboren ist, dann ist er spirituell, Er ist nicht einer von uns. Kṛṣṇa ist nicht „irgendein außergewöhnlicher Mensch, der ebenfalls geboren wurde" - Er wird nicht geboren, Er ist der Ungeborene. Wie kommen wir dann also dazu, ihn als einen gewöhnlichen Menschen zu betrachten? „Die Dummen und die Gottlosen halten Mich für einen gewöhnlichen Menschen," sagt Kṛṣṇa in der Gītā. Er ist anders als alles, was sich in dieser Welt findet - Er ist anādi, ursachlos.

Kṛṣṇa ist also spirituell. Doch auch wir haben einen spirituellen Körper, und zwar einen Körper, der geboren wird, der entsteht; aber nicht ganz so, wie wir uns das vorstellen. Man kann das am besten mit den Funken eines Feuers vergleichen. Die Funken entstehen nicht aus dem Feuer, sie sind schon da. Und so sind auch wir nicht entstanden oder geboren, wir sind vielmehr Teilchen, die aus der ursprünglichen Form hervorgegangen sind. Aber trotzdem gibt es einen Unterschied. Ein Funke ist zwar auch Feuer, aber nicht das eigentliche Feuer. Unsere Eigenschaften gleichen den Eigenschaften Kṛṣṇas, doch der Unterschied ist der gleiche wie zwischen Vater und Sohn. Vater und Sohn sind verschieden voneinander und gleichzeitig auch nicht verschieden. Der Sohn ist eine Erweiterung des Vaters, doch kann er nicht behaupten, daß er der Vater ist; das wäre Unsinn.

Da Kṛṣṇa sich selbst als der höchste Eigentümer erklärt, darum ist Er von allem verschieden. Wenn ich der Eigentümer des Staates New York bin, so bin ich trotzdem noch nicht der Staat New York. Überall gibt es Dualität. Niemand kann deshalb sagen, daß wir vollkommen eins mit Gott sind. Wenn wir Kṛṣṇas Wesen und unsere eigene Position zu verstehen beginnen, dann werden wir frei von allen Auswirkungen sündhaften Tuns. Wir müssen Hare Kṛṣṇa chanten und unseren Verstand reinigen, dann werden wir zu verstehen beginnen. Wir müssen uns qualifizieren. Durch das Chanten und Hören nähern wir uns Gott. Alles wird klar, und wir werden frei von allen Zweifeln. » weiter

         
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