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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
74. Kapitel:
 
Krishna
 
Warum sich Duryodhana am Ende des Rājasūya-Opfers gedemütigt fühlte


 

König Yudhiṣṭhira war als ajātaśatru bekannt, als »jemand, der keinen Feind hat«. Als daher alle Halbgötter, Könige, Weisen, Heiligen und alle Menschen sahen, daß König Yudhiṣṭhira das Rājasūya-Opfer erfolgreich abschloß, wurden sie sehr fröhlich. Mahārāja Parīkṣit wunderte es sehr, daß Duryodhana als einziger nicht zufrieden war, und so bat er Śukadeva Gosvāmī, diesen Umstand zu erklären.

Śukadeva Gosvāmī begann zu erzählen: »Mein lieber König Parīkṣit, dein Großvater König Yudhiṣṭhira war eine große Seele. Aufgrund seines gewinnendes Wesens wurde jeder gern sein Freund, und deshalb war er als ajātaśatru bekannt, d. h. jemand, der sich niemals einen Feind schuf.« Bei dem Rājasūya-Opfer gab er jedem Angehörigen der Kuru-Dynastie die Verantwortung für einen bestimmten Teil des Vorhabens. Bhīmasena z.B. war für die Küchenangelegenheiten zuständig, Duryodhana für die Schatzkammer, Sahadeva für den Empfang, Nakula bekam die Verantwortung für Versorgung aus den Vorräten, und Arjuna war es bestimmt, sich um das Wohl der älteren Leute zu kümmern. Das Erstaunlichste war, daß Kṛṣṇa, der Höchste Persönliche Gott, die Aufgabe übernahm, allen Ankömmlingen die Füße zu waschen. Die Königin, die Glücksgöttin Draupadī, sollte über die Beköstigung wachen, und weil Karṇa für seine Mildtätigkeit berühmt war, wurde ihm die Verantwortung für die Spendenverteilung zugesprochen. In ähnlicher Weise wurden auch Sātyaki, Vikarṇa, Hārdikya, Vidura, Bhūriśravā und Santardana, der Sohn Bālīkas, mit verschiedenen Aufgaben bei der Gestaltung der Abläufe während des Rājasūja-Opfers betraut. Sie alle waren König Yudhiṣṭhira mit so liebevoller Zuneigung verbunden, daß sie ihn einfach nur erfreuen wollten.

Nach Vollendung des Rājasūya-Opfers, bei dem Śiśupāla durch Kṛṣṇas Gnade getötet worden und in das spirituelle Dasein eingegangen war, als alle Freunde, Gäste und Gönner ausreichend geehrt und beschenkt worden waren, ging Yudhiṣṭhira zum Ganges, um dort ein Bad zu nehmen. Die Stadt Hastināpura liegt heute am Ufer der Yamunā, und daher können wir der Feststellung im Śrīmad-Bhāgavatam, nach der König Yudhiṣṭhira zum Ganges ging, um zu baden, entnehmen, daß der Fluß Yamunā zur Zeit der Pāṇdavas als Ganges bekannt war. Während der König das avabhṛtha-Bad nahm, ertönten vielerlei Musikinstrumente wie mṛdaṅgas, Muschelhörner, Trommeln, Kesselpauken und Hörner. Dazu klingelten die Fußglöckchen tanzender Mädchen. Viele berufsmäßige Sängergruppen spielten auf ihren vīṇās, Flöten, Gongs und Zimbeln, so daß ein Brausen von Klängen in der Luft schwang. Die vielen geladenen Fürsten aus Königreichen wie Sṛñjaya, Kāmboja, Kuru, Kekaya und Kośala, mit ihren verschiedenen Fahnen und prachtvoll geschmückten Elefanten, Streitwagen, Pferden und Soldaten, folgten König Yudhiṣṭhira in einer Prozession. Unterdessen vollzogen die Priester, Geistlichen und brāhmaṇas eine Opferung, und alle chanteten laut vedische Hymnen. Die Halbgötter, die Bewohner Pitṛlokas und Gandharvalokas wie auch viele Weise warfen Blumen vom Himmel. Die Männer und Frauen von Hastināpura, die zu dieser Feier ihre Körper mit Duftstoffen und Blumenölen eingerieben hatten, waren in farbenfrohe Gewänder gekleidet und mit Geschmeide, Juwelen und Girlanden geschmückt. Sie alle waren voll Freude und Eifer bei der Zeremonie und besprengten einander mit Flüssigkeiten wie Wasser, Öl, Milch, Butter und Yoghurt. Manche rieben sich gegenseitig mit diesen flüssigen Substanzen ein. So vergnügten sie sich alle in höchst ausgelassener Weise. Selbst die Dirnen nahmen an dem Schabernack teil und bearbeiteten voller Jubel die Körper der Männer mit den Flüssigkeiten, was die Männer ihnen in gleicher Weise lohnten. Alle Flüssigkeiten waren mit Kurkuma und Safran vermischt, so daß sie alles leuchtend gelb färbten.

Um das wundervolle Fest anzuschauen, waren die Frauen vieler Halbgötter in ihren Luftfahrzeugen, die man am Himmel sehen konnte, herbeigeflogen. Prächtig geschmückt wie sie, kamen unten auf der Erde die Königinnen der Königsfamilie umgeben von Leibwächtern in ihren Sänften herbei. Sowie Śrī Kṛṣṇa, der Vetter der Pāṇdavas mütterlicherseits, und Sein enger Freund Arjuna sie erblickten, besprengten sie beide die Körper der Königinnen mit den Flüssigkeiten. Die Königinnen wurden zwar ein wenig verlegen, doch gleichzeitig strahlte ein bezauberndes Lächeln auf ihren Gesichtern. Durch die Flüssigkeiten, die ihre Körper trafen, wurden ihre saris ganz naß, so daß verschiedene Teile ihrer schönen Körper, vor allem ihre Brüste und Hüften, teilweise zu sehen waren. Auch die Königinnen hatten Eimer voll Flüssigkeiten und fingen ihrerseits an, ihre Schwäger zu bespritzen. Während sie sich an diesen fröhlichen Spielen erfreuten, löste sich ihr Haar und die Blumen, die ihre Körper schmückten, fielen zu Boden. Menschen, die nicht rein im Herzen waren, wurden, als Śrī Kṛṣṇa, Arjuna und die Königinnen sich so fröhlich vergnügten, durch lüsterne Begierden erregt. Mit anderen Worten, solche Tändeleien zwischen lauteren Männern und Frauen sind freudvoll, doch materiell verunreinigte Menschen werden dabei von Lust ergriffen. König Yudhiṣṭhira wohnte dem Fest mit Draupadī und seinen anderen Königinnen in einem prachtvollem Wagen bei, vor den prächtige Pferde gespannt waren. Die Festlichkeiten der Opferzeremonie waren so wundervoll anzuschauen, daß es schien, als sei der Rājasūya-yajña in Person zusammen mit allen Feierlichkeiten zugegen. Bei der Ausführung des Rājasūya-Opfers ist am Ende ein vedisches Ritual, patnīsaṁyāja genannt, zu vollziehen. Dieses Opferritual muß man gemeinsam mit seiner Frau ausführen. König Yudhiṣṭhiras Priester führten also in vorgeschriebener Weise das Ritual durch, und Königin Draupadī und König Yudhiṣṭhira nahmen ihr avabhṛta-Bad;dazu begannen die Bewohner von Hastināpura und auch die Halbgötter Trommeln zu spielen und Trompeten zu blasen, während es Blumen vom Himmel regnete. Als der König und die Königin ihr Bad im Ganges beendet hatten, badeten auch alle anderen Bürger der verschiedenen varṇas oder Kasten - die brāhmaṇas, kṣatriyas, vaiśyas und śūdras - im Ganges. Im Gangeswasser zu baden wird in den vedischen Schriften empfohlen, denn dadurch wird man von allen sündhaften Reaktionen befreit. Noch heute ist dies in Indien üblich, vor allem zu glückverheißenden Zeitpunkten. Bei solchen Gelegenheiten baden Millionen von Menschen im Ganges.

Nachdem König Yudhiṣṭhira sein Bad genommen hatte, kleidete er sich in ein neues Seidengewand und legte kostbaren Juwelenschmuck an. Doch nicht nur sich selbst kleidete und schmückte er, sondern er ließ auch den Priestern und allen anderen, die an den yajñas teilgenommen hatten, neue Gewänder und Schmuckstücke übergeben. Auf diese Weise wurden sie alle von König Yudhiṣṭhira verehrt. Er verehrte seine Freunde, Familienangehörigen, Verwandten, Gönner und alle anderen Anwesenden die ganze Zeit, und weil er ein Vaiṣṇava, ein großer Geweihter Nārāyaṇas war, wußte er, wie man jeden gut behandelt. Das Bestreben der Māyāvādī-Philosophen, jeden als Gott zu sehen, ist eine künstliche Vorstellung, die zur Einheit führen soll. Ein Vaiṣṇava, ein Geweihter Nārāyaṇas, sieht jedoch jedes Lebewesen als ewiges Teil des Höchsten Herrn. Das Verhalten eines Vaiṣṇavas gegenüber anderen Lebewesen befindet sich daher auf der absoluten Ebene. So wie man ein Körperteil nicht getrennt von den anderen Körperteilen sehen kann, da sie alle zum gleichen Körper gehören, macht der Vaiṣṇava keinen Unterschied zwischen einem Menschen und einem Tier; denn er sieht in beiden die Seele und die Überseele. Als alle nach dem Bad erfrischt und mit seidenen Gewändern, Juwelenohrringen, Blumengirlanden, Turbanen, langen Umhängen und Perlenhalsketten versehen waren, sahen sie aus wie die Halbgötter des Himmels. Das traf ganz besonders auf die Frauen zu, die außergewöhnlich schön gekleidet waren. Jede einzelne trug einen goldenen Gürtel und lächelte. Auf ihren Gesichtern waren hier und dort tilaka-Spuren zu sehen, und ihr lockiges Haar war zerzaust, was alles sie sehr reizvoll machte.

Alle, die an dem Rājasūya-Opfer teilgenommen hatten, wie die hochgebildeten Priester, die brāhmaṇas, die bei der Durchführung der Opfer geholfen hatten, die Bürger aller varṇas, die Könige, Halbgötter, Weisen, Heiligen und Bewohner Pitṛlokas, waren mit König Yudhiṣṭhira sehr zufrieden und kehrten schließlich frohen Herzens nach Hause zurück. Auf der Heimreise sprachen sie ständig über König Yudhiṣṭhiras Taten, und selbst nachdem sie unablässig seine Größe gerühmt hatten, wurde es ihnen nicht über, so wie man immer wieder Nektar trinken kann, ohne jemals satt zu werden. Nachdem fast alle Gäste abgereist waren, hielt Mahārāja Yudhiṣṭhira seine engsten Freunde, auch Śrī Kṛṣṇa, zurück, indem er ihnen einfach nicht erlaubte, ihn zu verlassen. Und da der Herr dem König seine Bitte nicht abschlagen konnte, schickte Er die Helden der Yadu-Dynastie, wie Sāmba und andere, nach Dvārakā zurück, während Er persönlich in Hastināpura blieb, um den König zu erfreuen.

In der materiellen Welt hat jeder bestimmte Wünsche; aber man kann die Wünsche niemals zu seiner vollsten Zufriedenheit erfüllen. König Yudhiṣṭhira jedoch konnte, weil er Kṛṣṇa bedingungslos hingegeben war, durch die Darbringung des Rājasūya-Opfers alle seine Wünsche erfolgreich zufriedenstellen. Aus der Schilderung des Rājasūya-Opfers wird ersichtlich, daß eine solche Zeremonie ein riesiger Ozean weitreichender Wünsche ist. Keinem gewöhnlichen Menschen ist es möglich, solch einen Ozean zu überqueren. Durch Kṛṣṇas Gnade gelang dies Mahārāja Yudhiṣṭhira jedoch mit Leichtigkeit, und so wurde er frei von allen Sorgen.

Als Duryodhana bemerkte, daß Mahārāja Yudhiṣṭhira nach dem Rājasūya-yajña sehr berühmt geworden und in jeder Hinsicht vollauf zufrieden war, begann das Feuer des Neides in ihm zu brennen, denn sein Gemüt war ständig voller Gift. Eine Sache, um die er die Pāṇḍavas beneidete, war der Herrscherpalast, den der Dämon Maya für sie erbaut hatte. Dieser Palast war einzigartig in seiner verwirrenden und kunstreichen Gestaltung und stellte eine würdige Residenz für große Fürsten, Könige oder Dämonenführer dar. In diesem großen Palast lebten die Pāṇdavas mit ihren Familienangehörigen, und Königin Draupadī konnte ihren Gatten in Frieden dienen. Weil sich damals auch Śrī Kṛṣṇa dort aufhielt, war der Palast durch die Anwesenheit Seiner vielen tausend Königinnen verschönt. Wenn die Königinnen mit ihren fülligen Brüsten und schmalen Hüften durch den Palast schritten und die Fußglöckchen bei jeder ihrer Bewegungen lieblich klingelten, erschien der Palast herrlicher als die himmlischen Königreiche. Da ein Teil ihrer Brüste mit Safranpuder betupft war, sahen die Perlenhalsketten auf ihren Busen rötlich aus. Mit ihren herrlichen Ohrringen und dem wallenden Haar waren die Königinnen einfach bezaubernd. Als Duryodhana solche Schönheit in Mahārāja Yudhiṣṭhiras Palast erblickte, wurde er sehr neidisch. Ganz besonders neidisch und lusterfüllt wurde er, als er die Schönheit Draupadīs sah; denn er hegte schon seit der Zeit vor ihrer Heirat mit den Pāṇḍavas ein besonderes Verlangen nach ihr. Duryodhana war auch bei der Versammlung zur Heiratswahl Draupadīs zugegen gewesen und war, wie die anderen Prinzen, sehr stark von Draupadīs Schönheit betört worden, doch war es ihm nicht gelungen, sie zu erobern.

Eines Tages saß König Yudhiṣṭhira wieder einmal auf dem goldenen Thron in dem vom Dämon Maya errichteten Palast. Seine vier Brüder und anderen Verwandten wie auch sein großer Gönner, der Höchste Persönliche Gott, waren zugegen, und sein materieller Reichtum schien nicht geringer als der Brahmās. Als er so in der Gesellschaft seiner Freunde auf dem Thron saß und den Vortragskünstlern zuhörte, die in Form wundervoller Gesänge Gebete vortrugen, besuchte Duryodhana mit einem jüngeren Bruder den Palast. Duryodhana war mit einem Helm geschmückt und trug ein Schwert in der Hand. Er war stets neiderfüllt und reizbar, und deshalb fuhr er die Torwächter wegen einer Kleinigkeit wütend an. Dann ärgerte er sich darüber, daß er nicht imstande war, Wasser von festem Boden zu unterscheiden. Durch die Kunst des Dämons Maya war nämlich der Palast an mehreren Stellen so ausgestattet, daß jemand, der die Tücken des Bauwerkes nicht kannte, Wasser für Land und Land für Wasser halten mußte. Auch Duryodhana ließ sich durch dieses Blendwerk täuschen, und als er versuchte, über das Wasser zu gehen, das er für festen Boden hielt, fiel er hinein. Als er so aus eigener Dummheit ins Wasser fiel, lachten die Königinnen über sein Mißgeschick. König Yudhiṣṭhira konnte verstehen, wie Duryodhana zumute sein mußte, und versuchte deshalb, die Königinnen vom Lachen abzuhalten, doch Śrī Kṛṣṇa gab ihm zu verstehen, daß er ihnen nicht verbieten solle, sich über den Vorfall zu freuen. Kṛṣṇa wünschte nämlich, daß Duryodhana so zum Narren gehalten werde und alle ihren Spaß an seiner Unbeholfenheit hätten. Als alle über Duryodhana lachten, fühlte dieser sich tief gekränkt, und die Haare sträubten sich ihm auf dem Kopf vor Wut. Gedemütigt verließ er sogleich gesenkten Hauptes den Palast, ohne auch nur ein Wort der Empörung zu äußern. Als Duryodhana derartig verbittert den Palast verließ, tat allen der Vorfall leid, und auch König Yudhiṣṭhira wurde sehr bekümmert. Doch trotz alledem schwieg Kṛṣṇa; Er sprach Sich weder für noch gegen die Geschehnisse aus. Duryodhana schien durch Kṛṣṇas höchsten Willen in Illusion versetzt worden zu sein, und das bildete den Anfang der Feindschaft zwischen den beiden Zweigen der Kuru-Dynastie. Offenbar war dies ein Teil von Kṛṣṇas Plan in Seiner Mission, die Last, die die Welt bedrückte, zu vermindern. König Parīkṣit hatte gefragt, warum Duryodhana nach dem großen Rājasūya-Opfer nicht zufrieden war, und so lautete die Erklärung Śukadeva Gosvāmīs.

Hiermit endet die Erläuterung Bhaktivedantas zum 74. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Warum sich Duryodhana am Ende des Rājasūya-Opfers gedemütigt fühlte«.