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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
67. Kapitel:
 
Krishna
 
Die Heirat Sāmbas


 

Duryodhana, der Sohn Dhṛtarāṣṭras, hatte eine Tochter im heiratsfähigen Alter mit Namen Lakṣmaṇā. Sie besaß vortreffliche Eigenschaften, und deshalb hatten viele Prinzen die Absicht, sie zu heiraten. In solchen Fällen war es üblich, eine svayaṁvara-Zeremonie abzuhalten, in der sich das Mädchen selbst ihren zukünftigen Mann aussuchen kann. Bei Lakṣmaṇās svayaṁvara-Zeremonie erschien in dem Moment, da das Mädchen ihren Gatten wählen sollte, Sāmba. Er war der Sohn Kṛṣṇas, der von Jāmbavatī, einer der Hauptfrauen Kṛṣṇas, zur Welt gebracht worden war. Sāmba hatte seinen Namen deshalb erhalten, weil er ein schlechtes Kind war und sich immer in der Nähe seiner Mutter hielt. Sāmba bedeutet nämlich soviel wie »Muttersöhnchen« (ambā wird mit »Mutter« übersetzt und sa bedeutet »zusammen mit«). Sāmba hatte seinen Namen bekommen, weil er stets bei seiner Mutter blieb. Aus dem gleichen Grund war er auch als Jāmbavatīsuta bekannt. Wie bereits zuvor erklärt wurde, besaßen alle Söhne Kṛṣṇas die gleichen Eigenschaften wie ihr berühmter Vater Śrī Kṛṣṇa.

Sāmba, nun, begehrte Lakṣmaṇā, die Tochter Duryodhanas, zur Frau, obwohl sie sich durchaus nicht zu ihm hingezogen fühlte. Sāmba entführte sie daher mit Gewalt aus der svayaṁvara-Versammlung. Weil Sāmba Lakṣmaṇā gewaltsam geraubt hatte, waren sich alle Familienangehörigen der Kuru-Dynastie, wie Dhṛtarāṣṭra, Bhīṣma, Vidura, Ujahan und Arjuna, darin einig, daß die Entführung ihrer Tochter durch den Jungen Sāmba eine Beleidigung der Familientradition darstelle. Sie alle wußten, daß Lakṣmaṇā nicht geneigt war, Sāmba zum Gatten zu wählen, und daß sie nicht die Möglichkeit gehabt hatte, sich ihren Ehemann selbst auszusuchen. Statt dessen war sie mit Gewalt von diesem Jüngling davongetragen worden. Daher beschlossen sie, daß er bestraft werden müsse. Sie erklärten einstimmig, daß Sāmbas Unverschämtheit die Familientradition der Kurus verletzt habe. Aus diesem Grund faßten sie auf den Rat der Familienältesten hin den Entschluß, den Jungen gefangenzunehmen, jedoch nicht zu töten. Ihnen war bewußt, daß das Mädchen mit niemand anderem als mit Sāmba verheiratet werden könne, da sie bereits von ihm berührt worden war. Nach den vedischen Gesetzen kann ein Mädchen, das schon einmal mit einem Mann Umgang gehabt hat, mit keinem anderen als mit ihm verheiratet werden. Abgesehen davon wäre niemand bereit, ein Mädchen zu heiraten, das bereits mit einem anderen Mann zusammengewesen ist. Die Familienältesten, wie Bhīṣma, wollten Sāmba ergreifen, und so taten sich alle Angehörigen der Kuru-Dynastie, besonders die großen Kämpfer, zusammen, um ihm eine Lehre zu erteilen; Karṇa wurde zum Befehlshaber in der kleinen Schlacht ernannt.

Während sich die Kurus berieten, wie Sāmba am besten zu fangen sei, waren sie sich durchaus bewußt, daß die Yadus über seine Gefangennahme sehr zornig auf sie werden würden. Es war also, mit anderen Worten, sehr wohl möglich, daß sie die Herausforderung annahmen und mit ihnen kämpften. Doch zugleich sagten sich die Kurus: »Wenn die Yadus hierherkommen, um mit uns zu kämpfen, was können sie uns schon anhaben? Die Mitglieder der Yadu-Dynastie können den Mitgliedern der Kuru-Dynastie nicht gleichkommen, denn die Könige der Kuru-Dynastie sind die Herrscher der Welt, wohingegen sich die Könige der Yadu-Dynastie nur an ihrem Ländereien erfreuen können.« Die Kurus dachten weiter: »Wenn sie hierherkommen und uns herausfordern, weil wir ihren Sohn gefangen haben, werden wir den Kampf trotzdem annehmen. Wir werden ihnen eine Lehre erteilen, daß sie, wie die Sinne beim mystischen yoga-System (prāṇāyāma), mit Gewalt unterdrückt werden [* Beim mechanischen mystischen yoga-System werden die Lüfte innerhalb des Körpers beherrscht und die Sinne unterdrückt und davon abgehalten, sich mit etwas anderem als mit der Meditation über Śrī Viṣṇu zu beschäftigen.*].

Nach eingehender Beratung und nachdem sie die Ältesten der Kuru-Dynastie, wie Bhīṣma und Dhrtarāṣṭra, um Erlaubnis gebeten hatten, zogen sechs große Kämpfer aus, die alle mahā-rathīs waren - Karṇa, Śala, Bhuriśravā, Yajñaketu und Duryodhana, der Vater des Mädchens. Sie wollten unter der Leitung des gewaltigen Kämpfers, Bhīṣmadeva, versuchen, den jungen Sāmba gefangenzunehmen. Es gab verschiedene Grade von Kämpfern, und zwar mahā-rathīs, eka-rathīs und rathīs, die je nach ihrer Stärke im Kampf bestimmt werden. Die mahā-rathīs z. B. waren so stark, daß sie allein gegen viele tausend Mann kämpfen konnten. Alle mahā-rathīs der Kuru-Dynastie verbündeten sich also, um Sāmba zu fangen. Sāmba war zwar ebenfalls ein mahā-rathī, doch war er allein und mußte gegen sechs mahā-rathīs kämpfen. Trotzdem ließ er sich nicht abschrecken, als er sah, daß alle großen Kämpfer der Kuru-Dynastie ihn verfolgten. Er wandte sich ihnen zu, und, seinen prächtigen Bogen ergreifend, sah er aus wie ein Löwe, der sich unüberwindlich anderen Tieren in den Weg stellt. Karṇa, der die Schar anführte, forderte Sāmba heraus: »Warum läufst du davon? Stell dich, damit wir dir eine Lektion erteilen können!« Wenn ein kṣatriya von einem anderen kṣatriya zum Kampf herausgefordert wird, darf er nicht fliehen; er muß kämpfen. Daher wurde Sāmba, sowie er die Herausforderung annahm und sich zum Kampf stellte, von all den großen Kriegern mit einem Pfeilhagel überschüttet. Als Sāmba, der ruhmreiche Sohn der Yadu-Dynastie, der als Sohn Śrī Kṛṣṇas unvorstellbare Kräfte besaß, sah, wie unritterlich die Krieger der Kuru-Dynastie kämpften, da sie alle zugleich ihre Pfeile auf ihn abschossen, wurde er zornig wie ein Löwe, der sich nicht im geringsten fürchtet, wenn er von Wölfen und Schakalen angegriffen wird. Sāmba bekämpfte sie mit großem Geschick. Als erstes tötete er jeden der sechs Wagenlenker mit je einem Pfeil. Mit vier weiteren Pfeilen tötete er die Pferde der Wagenlenker, von denen jeweils vier vor einen Wagen gespannt waren. Ein Pfeil wurde gebraucht, um den Fahrer zu töten, und einen Pfeil schoß er auf Karṇa sowie die andern Krieger. Als Sāmba mit so großer Gewandheit allein gegen die sechs großen Helden kämpfte, konnten sie nicht umhin, die unbegreifliche Kraft des Jungen zu bewundern. Selbst in der Mitte des Kampfes gaben sie offen zu, daß Sāmba ein hervorragender Kämpfer sei. Doch der Kampf wurde im kṣatriya-Geist ausgetragen, und so zwangen sie Sāmba schließlich mit vereinten Kräften, von seinem mittlerweile zertrümmerten Wagen herunterzuspringen, obwohl dies nicht den Regeln des Kampfes entsprach. Vier der sechs Krieger töteten Sāmbas vier Pferde, und einem gelang es schließlich, Sāmbas Bogensehne zu zerschneiden, so daß er nicht weiter kämpfen konnte. Unter großen Schwierigkeiten und erst nach einem erbitterten Kampf war es ihnen möglich, Sāmba des Wagens zu berauben und ihn gefangenzunehmen. Die Kämpfer der Kuru-Dynastie waren stolz auf ihren großartigen Sieg und nahmen sogleich ihre Tochter Lakṣmaṇā in ihre Obhut. Danach zogen sie in großem Triumph in die Stadt Hastināpura ein.

Kurze Zeit darauf unterrichtete der große Weise Nārada Muni die Yadu-Dynastie über Sāmbas Gefangennahme und erzählte ihnen die ganze Geschichte. Die Mitglieder der Yadu-Dynastie wurden sehr zornig, als sie hörten, daß Sāmba gefangengenommen worden war und dazu noch unritterlicherweise von sechs Kämpfern. Mit Erlaubnis ihres Führers, König Ugrasenas, bereiteten sie sich darauf vor, die Hauptstadt der Kuru-Dynastie anzugreifen.

Obwohl Śrī Balarāma wußte, daß die Menschen im Kali-yuga schon bei der geringsten Herausforderung bereit sind, miteinander zu kämpfen, hielt Er nichts von dem Gedanken, daß die beiden großen Dynastien, die Kuru- und die Yadu-Dynastie, sich bekämpften, obwohl auch sie schon vom Kali-yuga beeinflußt wurden. »Statt mit ihnen zu kämpfen«, sagte Er weise zu Sich Selbst, »werde Ich Mich zu ihnen begeben und die Lage erkunden; vielleicht läßt sich der Kampf durch ein gegenseitiges Abkommen vermeiden.« Balarāma dachte, daß es möglich sein müsse, die Schlacht mit den Kurus zu umgehen, wenn Er sie dazu bringen könnte, Sāmba und Lakṣmaṇā freizulassen. Er ließ daher schnell einen schönen Wagen anspannen, um mit mehreren kundigen Priestern und brāhmaṇas sowie einigen älteren Familienmitgliedern der Yadu-Dynastie nach Hastināpura zu fahren. Er war überzeugt, daß die Angehörigen der Kuru-Dynastie mit Sāmbas und Lakṣmaṇās Heirat einverstanden waren und so ein Bruderkrieg vermieden werden konnte. Als Śrī Balarāma in Begleitung der gelehrten brāhmaṇas und Familienältesten der Yadus auf Seinem Wagen nach Hastināpura fuhr, sah Er aus wie der Mond, der am klaren Himmel inmitten vieler glänzender Sterne leuchtet. Als Śrī Balarāma die Grenzen von Hastināpura erreichte, fuhr Er nicht in die Stadt hinein, sondern bezog Quartier in einem kleinen Gartenhaus am Rande der Stadt. Dann bat Er Uddhava, die Führer der Kuru-Dynastie aufzusuchen und sie zu fragen, ob sie mit den Yadus kämpfen wollten oder zu einer friedlichen Übereinkunft bereit seien. Als Uddhava zu den Führern der Kuru-Dynastie kam, traf er alle bedeutenden Persönlichkeiten an wie Bhīṣmadeva, Dhṛtarāṣṭra, Droṇācārya, Bali, Duryodhana und Bāhlīka. Nachdem er ihnen gebührende Achtung erwiesen hatte, unterrichtete er sie darüber, daß Śrī Balarāma in dem Garten vor dem Stadttor angekommen sei.

Die Führer der Kuru-Dynastie, insbesondere Dhṛtarāṣṭra und Duryodhana, freuten sich sehr, denn sie wußten, daß Śrī Balarāma ein wohlmeinender Freund ihrer Familie war. Ihre Freude kannte keine Grenzen, als sie die Nachricht hörten, und so hießen sie Uddhava herzlich willkommen. Um Śrī Balarāma würdig zu empfangen, nahmen sie allerlei glückverheißende Gaben und zogen vor das Stadttor, um Ihn willkommen zu heißen. Entsprechend ihrer jeweiligen Stellung begrüßten sie Śrī Balarāma, indem sie Ihm schöne Kühe und argha [* argha - eine Zusammenstellung mehrerer Gegenstände, wie z. B. ārātrika-Wasser, süße Honigspeisen, Butter, Blumen und mit wohlriechenden Pasten bestrichene Girlanden *] überreichten. Und weil sie alle Śrī Balarāmas hohe Stellung als der Höchste Persönliche Gott kannten, verneigten sie sich vor Ihm mit großer Ehrfurcht. Auch tauschten sie einige Begrüßungsworte aus, indem sie sich gegenseitig nach dem Wohlergehen erkundigten. Nachdem diese Formalitäten beendet waren, gab ihnen Śrī Balarāma mit achtunggebietender Stimme und sehr geduldig folgendes zu bedenken: »Meine lieben Freunde, diesmal bin Ich als Bote mit dem Befehl des allmächtigen Königs Ugrasena zu euch gekommen. Hört Mir daher bitte aufmerksam und mit großer Sorgfalt zu. Bemüht euch, den Befehl unverzüglich auszuführen. König Ugrasena weiß sehr wohl, daß ihr Krieger der Kuru-Dynastie unredlich mit dem frommen Sāmba gekämpft habt, der allein war, und daß ihr ihn nur unter großen Schwierigkeiten und mit List gefangennahmt. Wir alle hörten davon, doch sind wir darüber nicht sehr erzürnt, da uns eine sehr enge Verwandtschaft mit euch verbindet. Ich halte es nicht für richtig, wenn unter einem solchen Vorfall unsere gute Beziehung leidet. Wir sollten weiter gute Freunde bleiben und nicht unnötig miteinander kämpfen. Laßt also bitte Sāmba auf der Stelle frei und bringt ihn zusammen mit seiner Frau Lakṣmaṇā zu Mir.«

Die Führer der Kuru-Dynastie schätzten es durchaus nicht, daß Śrī Balarāma in so befehlendem Ton, voller Heldenmut, Erhabenheit und Tapferkeit zu ihnen sprach. Vielmehr wurden sie sehr aufgebracht und riefen zornentbrannt: »Holla! Diese Worte erstaunen uns sehr, doch passen sie sehr gut zum Zeitalter des Kali; wie sonst könnte Balarāma so schmähend sprechen? Die Worte und der Tonfall Balarāmas sind eine einzige Beleidigung. Durch den Einfluß des Zeitalters scheinen die Schuhe, die ihren Platz an den Füßen haben, zum Kopf emporsteigen zu wollen, auf dem der Helm sitzt. Wir sind mit der Yadu-Dynastie durch Heirat verwandt, und so bot sich den Yadus die Gelegenheit, zu uns zu kommen, um mit uns zu leben, zu tafeln und zu schlafen; nun aber nutzen sie die Vorrechte aus. Bevor wir einen Teil unseres Königreiches ihrer Herrschaft übergaben, besaßen sie so gut wie keine Macht, und nun versuchen sie, uns zu befehlen. Wir erlaubten der Yadu-Dynastie sogar, die königlichen Insignien zu gebrauchen, wie den Wedel, den Fächer, das Muschelhorn, den weißen Schirm, die Krone, den Thron, den Sitzplatz, die Bettstatt und alles, was sonst noch zum königlichen Stand gehört. Sie hätten diese königlichen Würdezeichen nicht in unserer Gegenwart verwenden sollen, doch weil wir so enge familiäre Beziehungen zueinander hatten, hinderten wir sie nicht daran. Nun aber erdreisten sie sich, uns zu befehlen, was wir tun sollen. Jetzt ist es genug mit ihrer Unverschämtheit! Wir können ihnen nicht erlauben, sich noch mehr herauszunehmen, noch werden wir es länger mitansehen, daß sie die königlichen Würdezeichen tragen. Es wäre das beste, ihnen diese Dinge fortzunehmen, denn es ist unklug, eine Schlange mit Milch zu füttern, da solch barmherzige Tätigkeit nur noch mehr Gift erzeugt. Die Yadu-Dynastie versucht nun, sich gegen uns, die wir sie so gut ernährt haben, aufzulehnen. Ihr Wohlstand beruht ganz allein auf unseren Gaben und unserer Gnade, und trotzdem sind sie so schamlos zu versuchen, uns Befehle zu erteilen. Wie bedauerlich dies alles ist! Niemand auf der Welt kann irgendetwas genießen, solange nicht die Mitglieder der Kuru-Dynastie, wie Bhīṣma, Droṇācārya und Arjuna, ihre Erlaubnis gegeben haben. Ebenso wie sich ein Lamm in der Gegenwart des Löwen nicht seines Lebens erfreuen kann, ist es nicht einmal den Halbgöttern im Himmel, samt ihrem Oberhaupt, Indra, möglich, ohne unseren Wunsch zu genießen, von gewöhnlichen Sterblichen ganz zu schweigen!« Die Mitglieder der Kuru-Dynastie waren durch ihren Reichtum, ihr Königreich, ihre adlige Herkunft, ihre Familientradition, ihre großen Krieger, ihre Familienangehörigen und ihr weitausgedehntes Imperium sehr hochmütig geworden. Sie hielten sich nicht einmal mehr an die grundlegenden Verhaltensregeln einer zivilisierten Gesellschaft und beleidigten die Yadu-Dynastie sogar in Balarāmas Gegenwart. Nachdem sie so ungehörig gesprochen hatten, kehrten sie nach Hastināpura zurück.

Obwohl Balarāma die ganze Zeit ihre Beleidigungen angehört und ihr ungehöriges Verhalten schweigend zur Kenntnis genommen hatte, konnte man doch an Seinem Äußeren erkennen, daß Er vor Zorn brannte und Sich bereits überlegte, wie Er sie zur Rechenschaft ziehen könne. Er sah so erregt aus, daß kaum jemand es wagte, ihn auch nur anzuschauen. Er lachte sehr laut und sagte: »Es ist tatsächlich wahr, wenn sich ein Mann zu viel auf seine Familie, seinen Reichtum, seine Schönheit und seinen materiellen Fortschritt einbildet, will er nicht länger in Frieden leben, sondern fängt mit jedem Streit an. Es ist sinnlos, einem solchen Menschen zu erklären, wie man sich gut benimmt und ein friedliches Leben führt; vielmehr sollte man Mittel und Wege finden, ihn zu bestrafen.«

Die meisten Menschen werden durch materiellen Reichtum zu Tieren und einem Tier friedliche Anweisungen zu geben ist sinnlos. Das einzige, das hilft, ist ein argumentum vaculum, oder anders gesagt: Das einzige Mittel, ein Tier zu zähmen, ist ein Stock.

Balarāma fuhr fort: »Seht nur, wie unverschämt die Angehörigen der Kuru-Dynastie sind! Ich bin hierhergekommen, um ein friedliches Abkommen zu schließen, obwohl alle anderen Mitglieder der Yadu-Dynastie, selbst Śrī Kṛṣṇa, sehr zornig sind. Sie wollten schon das Königreich der Kurus angreifen, doch Ich besänftigte sie und machte Mir die Mühe, persönlich hierherzukommen, um die ganze Angelegenheit friedlich beizulegen. Trotzdem verhalten sich diese Halunken so! Offensichtlich wünschen sie keine friedliche Lösung; sie sind also in Wirklichkeit Kriegstreiber. Hochmütig haben sie Mich mehrmals beleidigt, indem sie die Yadu-Dynastie grob beschimpften.

Selbst Indra, der König des Himmels, gehorcht dem Befehl der Yadu-Dynastie, und ihr glaubt, König Ugrasena, das Oberhaupt der Vṛṣṇis, Andhakas und Yādavas, verfüge nur über ein kleines Heer! Eure Annahme ist einfach köstlich! Ihr habt vor König Ugrasena keine Achtung, obwohl sein Befehl selbst von König Indra befolgt wird. Erkennt endlich die hohe Stellung der Yadu-Dynastie. Sie haben mit Gewalt das Versammlungshaus und den pārijata-Baum von den himmlischen Planeten geraubt, und trotzdem denkt ihr immer noch, sie könnten euch keine Befehle erteilen? Seid ihr etwa auch der Meinung, Śrī Kṛṣṇa, der Höchste Persönliche Gott, dürfe nicht auf dem erhöhten Königsthron sitzen und jedem Befehle erteilen? Nun gut! Wenn ihr das glaubt, habt ihr eine gründliche Lektion verdient! Ihr haltet es für falsch, daß die Yadu-Dynastie die Königszeichen, wie den Wedel, den Fächer, den weißen Schirm, den Königsthron und anderes fürstliches Zubehör, benutzt. Heißt das, daß selbst Śrī Kṛṣṇa, der Herr der gesamten Schöpfung und der Gemahl der Glücksgöttin, diese Würdezeichen nicht verwenden darf? Der Staub von Śrī Kṛṣṇas Lotosfüßen wird von allen großen Halbgöttern verehrt. Und weil der Ganges, der durch das ganze Universum fließt, von Seinen Lotosfüßen ausgeht, haben sich seine Ufer in vielbesuchte Pilgerstätten verwandelt. Die führenden Gottheiten aller Planeten beschäftigen sich in Seinem Dienst und schätzen sich sehr glücklich, den Staub von Seinen Lotosfüßen auf ihre Helme reiben zu dürfen. Große Halbgötter, wie Brahmā, Śiva und die Glücksgöttin, ja, sogar Ich Selbst, sind lediglich kleine Teile Seiner spirituellen Persönlichkeit. Glaubt ihr immer noch, Er sei es nicht wert, die königlichen Würdezeichen zu verwenden oder auf dem Königsthron zu sitzen? O weh, wie bedauerlich es ist, daß diese Dummköpfe uns, die Mitglieder der Yadu-Dynastie mit Schuhen vergleichen und sich selbst mit Helmen! Es ist ganz klar, daß die Führer der Kuru-Dynastie durch ihren weltlichen Besitz und ihren Reichtum verrückt geworden sind. Alles, was sie vorbrachten, war voll verrückter Ideen. Ich sollte sie auf der Stelle zur Rechenschaft ziehen und wieder zur Vernunft bringen. Wenn Ich nichts gegen sie unternehme, wird dies ein großer Fehler Meinerseits sein. Ich werde daher noch heute die gesamte Kuru-Dynastie vom Erdboden verschwinden lassen. Ich werde sie kurzerhand ausrotten!« Während er dies sagte, sah Balarāma so zornig aus, als würde Er im nächsten Augenblick die gesamte kosmische Manifestation zu Asche verbrennen. Er straffte Sich, nahm Seine Pflugschar zur Hand und schlug mit ihr wiederholt auf den Boden. Dadurch löste sich ganz Hastināpura vom Erdboden, und Śrī Balarāma begann, die Stadt in Richtung Ganges zu ziehen. Dabei lief ein Zittern wie bei einem Erdbeben durch Hastināpura, das die ganze Stadt zu zerstören drohte.

Als die Angehörigen der Kuru-Dynastie sahen, daß ihre Stadt nah daran war, ins Wasser des Ganges zu stürzen, und als sie das Angstgeheul der Bürger vernahmen, kamen sie zur Vernunft und verstanden, was geschah. Ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, brachten sie daher ihre Tochter Lakṣmaṇā herbei. Sie brachten auch Sāmba, der Lakṣmaṇā gewaltsam entführt hatte, und schritten, mit ihm und Lakṣmaṇā an der Spitze, auf Balarāma zu. Die Mitglieder der Kuru-Dynastie erschienen mit gefalteten Händen vor Śrī Balarāma, um Ihn, den Höchsten Persönlichen Gott, um Vergebung zu bitten. Diesmal waren sie vernünftiger und sagten: »O Śrī Balarāma, Du bist der Quell aller Freude. Du bist der Erhalter und die Stütze der gesamten kosmischen Lage. Unglücklicherweise waren wir uns Deiner unvorstellbaren Kräfte nicht bewußt. Lieber Herr, betrachte uns bitte als die größten Narren. Unsere Intelligenz war verwirrt. Wir sind daher zu Dir gekommen, um Dich um Verzeihung zu bitten. Bitte vergib uns. Du bist der ursprüngliche Schöpfer, Erhalter und Vernichter der gesamten kosmischen Manifestation, und dennoch bleibst Du stets transzendental. O allmächtiger Herr, große Weise sprechen über Dich. Du bist der ursprüngliche Puppenspieler, und alles in der Welt ist wie Dein Spielzeug. O Unbegrenzter, Du hast überall Deine Hand im Spiel und trägst alle Planetensysteme auf dem Kopf, als sei es ein Kinderspiel. Wenn die Zeit der Vernichtung kommt, nimmst Du die ganze materielle Manifestation in Dich auf, und dann gibt es nur noch Dich allein, der Du als Mahā-Viṣṇu auf dem Ozean der Ursachen ruhst. Lieber Herr, Du bist in Deinem transzendentalen Körper auf der Erde erschienen, um die kosmische Situation zu erhalten. Du stehst über Zorn, Neid und Feindschaft. Alles, was Du tust, selbst Deine Bestrafungen, ist für die ganze materielle Schöpfung glückverheißend. Wir bringen Dir unsere achtungsvollen Ehrerbietungen dar, denn Du bist der unvergängliche Höchste Persönliche Gott, der Quell aller Füllen und Kräfte. O Schöpfer unzähliger Universen, wir wollen vor Dir zu Boden fallen und Dir immer wieder unsere respektvollen Ehrerbietungen erweisen. Wir sind Dir nun völlig ergeben. Hab bitte Erbarmen mit uns und gewähre uns Deinen Schutz.« Als die berühmten Mitglieder der Kuru-Dynastie, angefangen mit Großvater Bhīṣmadeva bis hin zu Arjuna und Duryodhana, ihre ehrfürchtigen Gebete beendet hatten, wurde der Höchste Persönliche Gott Śrī Balarāma sogleich milder und versicherte ihnen, daß kein Anlaß zu Angst oder Sorge bestehe.

Bei den meisten kṣatriya-Königen war es üblich, vor einer Heirat mit den Verwandten des Bräutigams bzw. der Braut zu kämpfen. Als Sāmba Lakṣmaṇā gewaltsam entführte, freuten sich die Ältesten der Kuru-Dynastie, daß er ein würdiger Mann für ihre Tochter war, doch weil sie sich von seiner Kraft überzeugen wollten, nahmen sie ihn, ohne jede Rücksicht auf die Kampfregeln, gefangen. Als die Yadus dann beschlossen, Sāmba aus der Gewalt der Kurus zu befreien, kam Balarāma persönlich, um die Angelegenheit zu regeln, und da er ein mächtiger kṣatriya-König war, befahl er den Kurus, Sāmba unverzüglich freizulassen. Die Kauravas stellten sich, als fühlten sie sich durch diesen Befehl verletzt, und forderten Balarāmas Macht heraus. Sie wollten im Grunde jedoch nur sehen, wie Balarāma Seine unfaßbare Stärke zeigen würde. Somit übergaben sie Sāmba sehr erfreut die Hand ihrer Tochter, wodurch die ganze Angelegenheit geregelt war. Und da Duryodhana seine Tochter sehr liebte, ließ er sie mit großem Prunk mit Sāmba verheiraten. Als Mitgift gab er ihr zuerst 1200 Elefanten, von denen jeder mindestens sechzig Jahre alt war; dazu gab er 10000 prächtige Pferde, 6000 wie die Sonne strahlende Streitwagen und 1000 Dienerinnen, die mit goldenem Geschmeide geschmückt waren. Śrī Balarāma, das berühmteste Mitglied der Yadu-Dynastie, wirkte als Sāmbas Wächter und nahm mit großer Zufriedenheit die Mitgift an. Balarāma freute Sich sehr über den Empfang, den Ihm die Kurus bereitet hatten, und fuhr schließlich mit dem frischgetrauten Paar nach Seiner Hauptstadt Dvārakā zurück.

Im Triumph erreichte Er Dvārakā, wo Er mit vielen Bürgern zusammentraf, die alle Seine Geweihten und Freunde waren. Als sie sich alle um Ihn versammelt hatten, erzählte Er ihnen von Sāmbas Heirat, und als Er ihnen berichtete, wie Er Hastināpura erbeben ließ, staunten sie sehr.

Śukadeva Gosvāmī bestätigt, daß Hastināpura dort lag, wo sich heute Neu-Delhi befindet. Der Fluß, der durch die Stadt fließt, ist heute als Yamunā bekannt, obwohl er in jenen Tagen als Ganges bekannt war. In diesem Zusammenhang weisen große Autoritäten, wie Jīva Gosvāmī, darauf hin, daß es sich bei dem Ganges und der Yamunā um den gleichen Fluß handelt, der lediglich verschiedenen Läufen folgt. Der Teil des Ganges, der durch Hastināpura nach Vṛndāvana fließt, ist als Yamunā bekannt, da er durch die transzendentalen Spiele Śrī Kṛṣṇas geheiligt ist. Während der Regenzeit wird der Stadtteil Hastināpuras, der am Ufer der Yamunā liegt, überflutet und erinnert jeden an Śrī Balarāmas Drohung, die Stadt in den Ganges zu stürzen.

Hiermit endet die Erläuterung Bhaktivedantas zum 67. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Die Heirat Sāmbas«.