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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
41. Kapitel:
 
Krishna
 
Kṛṣṇa zerbricht den Bogen in der Opferarena


 

Kurz nachdem Kṛṣṇa und Balarāma das Haus des Blumenhändlers verlassen hatten, begegneten Sie einer buckligen jungen Frau auf der Straße, die eine Schüssel mit Sandelholzpaste im Arm trug. Da Kṛṣṇa die Quelle aller Freude ist, wollte Er Seine Spielgefährten erheitern, indem Er Sich einen Spaß mit der buckligen Frau erlaubte. Mit dieser Absicht sprach Er sie wie folgt an: »O hochgewachsene junge Frau, wer seid ihr nur? Und sagt Mir, für wen ist die Sandelholzpaste in euren Händen bestimmt? Ich denke, ihr solltet sie Mir geben; wenn ihr dies tut, kann Ich euch versichern, daß ihr sehr glücklich werdet.« Kṛṣṇa ist der Höchste Persönliche Gott, und daher wußte Er bereits alles über das bucklige Mädchen. Durch Seine Fragen wollte Er darauf hinweisen, daß es keinen Sinn hat, einen Dämon zu verehren; man sollte besser Kṛṣṇa und Balarāma dienen und sich von allen Sünden befreien.

Die Frau entgegnete Kṛṣṇa: »Mein lieber Śyāmasundara, lieber schöner schwarzer Jüngling, Du mußt wissen, daß ich eine Dienerin Kaṁsas bin. Ich bringe ihm täglich diese köstliche Sandelholzpaste, und daher ist der König sehr mit mir zufrieden; doch nun sehe ich, daß es niemanden gibt, der es wert ist, mit der Paste verehrt zu werden, außer Euch beiden.« Weil die bucklige Frau von dem wunderschönen Aussehen Kṛṣṇas und Balarāmas, der Art, wie Sie redeten, Ihrem Lächeln, Ihren Blicken und Ihrem ganzen Gebaren bezaubert war, begann sie mit großer Zufriedenheit und Hingabe die Sandelholzpaste über die Körper der beiden zu streichen. Die zwei transzendentalen Bettler Kṛṣṇa und Balarāma waren tatsächlich sehr schön; Sie hatten beide von Natur aus eine schöne Hautfarbe und waren in farbenprächtige Gewänder gekleidet. Ihre Oberkörper sahen bereits sehr anziehend aus, doch als die bucklige Frau sie mit der Sandelholzpaste bestrich, wurden sie noch schöner. Kṛṣṇa freute Sich sehr über ihren Dienst und überlegte, wie Er sie belohnen könne. Um die Aufmerksamkeit des Herrn auf sich zu richten, muß der Kṛṣṇa-bewußte Gottgeweihte Ihm also mit viel Liebe und Hingabe dienen. Kṛṣṇa kann durch nichts anderes als durch transzendentales liebevolles Dienen erfreut werden. Mit diesem Gedanken drückte Kṛṣṇa Seine Zehen auf die Füße der Buckligen, und indem Er sie mit Seinen Fingern an den Wangen festhielt, gab Er ihr einen Ruck, um sie wieder aufzurichten. Augenblicklich wandelte sich die ehemals bucklige Frau in ein wunderschönes, gut gewachsenes Mädchen mit breiten Hüften, schmaler Taille und wohlgeformten Brüsten. Weil Kṛṣṇa mit der Buckligen sehr zufrieden und sie von Seinen Händen berührt worden war, wurde sie das schönste aller Mädchen. Diese Begebenheit zeigt uns, daß ein Gottgeweihter, weil er Kṛṣṇa dient, zur höchsten Stufe erhoben wird. Hingebungsvolles Dienen ist in jeder Hinsicht so mächtig, daß jeder, der sich ihm widmet, alle göttlichen Eigenschaften erwirbt. Kṛṣṇa war der buckligen Frau nicht wegen ihres Aussehens, sondern wegen ihres Dienstes geneigt, und sowie sie Ihm diente, wurde sie zum schönsten Mädchen. Ein Kṛṣṇa-bewußter Mensch braucht nicht begabt oder schön zu sein; wenn er Kṛṣṇa-bewußt geworden ist und Kṛṣṇa dient, wird er ganz von selbst schön und voll guter Eigenschaften.

Als die Bucklige durch Kṛṣṇas Barmherzigkeit in ein bezauberndes junges Mädchen verwandelt worden war, fühlte sie sich Kṛṣṇa natürlich sehr zu Dank verpflichtet, und da sie zudem auch überaus von Seiner Schönheit betört war, ergriff sie ohne Scheu den hinteren Teil Seines Gewandes und zog Ihn an sich. Dabei lächelte sie verführerisch und gestand, daß sie von lüsternen Verlangen ergriffen sei. Das Mädchen vergaß, daß sie sich auf der Straße befand und daß Kṛṣṇas älterer Bruder Balarāma und Seine Freunde dabei waren. Sie schlug Kṛṣṇa ganz unverblümt vor: »Mein liebster Held, ich kann Dich jetzt unmöglich allein lassen. Bitte komm zu mir nach Hause. Ich fühle mich stark zu Deiner Schönheit hingezogen und möchte Dich sehr gern bei mir empfangen, denn Du bist der beste aller Männer. Und auch Du mußt sehr lieb zu mir sein.« Sie lud also, deutlich gesagt, Kṛṣṇa ein, zu ihr nach Hause zu kommen und ihre wollüstigen Wünsche zu erfüllen. Kṛṣṇa fühlte Sich natürlich etwas verlegen vor Seinem älteren Bruder Balarāma, doch Er wußte, daß das Mädchen einfach war und sich lediglich zu Ihm hingezogen fühlte. Deshalb lächelte Er, als Er ihre Worte hörte, und während Er zu Seinen Kuhhirtenfreunden hinüberblickte, erwiderte Er ihr: »Mein liebes schönes Mädchen, Ich freue Mich sehr über deine Einladung, und Ich werde bestimmt zu dir kommen, sobald Ich Meine Angelegenheiten hier erledigt habe. Solch ein schönes Mädchen wie du ist das einzige, was jemanden wie Mich trösten kann, denn Ich bin weit von zu Hause und bin nicht verheiratet. Gewiß kann eine geeignete Freundin wie du uns von aller Rastlosigkeit befreien.« Nachdem Kṛṣṇa das Mädchen mit süßen Worten zufriedengestellt hatte, verließ Er sie und nahm den Weg in Richtung Marktplatz, wo sich die Bürger versammelt hatten, um Ihn mit verschiedenen Geschenken, vor allem Betelnüsse, Blumen und Sandelholz, zu empfangen.

Mit großem Respekt verehrten die Markthändler Kṛṣṇa und Balarāma. Als die Brüder dann weiter die Straße entlanggingen, kamen alle Frauen aus den umliegenden Häusern gelaufen, um Kṛṣṇa zu sehen, und einige der jüngeren Mädchen fielen, überwältigt von Seiner Schönheit, fast in Ohnmacht; ihr Haar und ihre ordentlichen Kleider gerieten durcheinander, und sie vergaßen völlig, wo sie waren.

Schließlich erkundigte Sich Kṛṣṇa bei den Bürgern, wo in der Stadt sich die Opferstätte für die angekündigte Opferungszeremonie befinde. Kaṁsa hatte nämlich inzwischen den Dhanur-yajña vorbereitet, und als Wahrzeichen für dieses besondere Opfer hatte er neben dem Opferaltar einen großen Bogen aufstellen lassen. Der Bogen war riesig und wunderbar in seiner Art und glich einem Regenbogen am Himmel. In der Opferungsarena wurde der Bogen von vielen Wächtern, die unter König Kaṁsas Befehl standen, bewacht. Als Sich Kṛṣṇa und Balarāma dem Bogen näherten, wurden Sie gemahnt, nicht weiterzugehen, doch Kṛṣṇa ließ die Warnung unbeachtet. Gewaltsam verschaffte Er Sich Durchlaß und nahm den gewaltigen Bogen blitzschnell in die linke Hand. Nachdem Er ihn vor den Augen der Menge gespannt hatte, zog Er an der Sehne und zerbrach ihn in zwei Teile, wie ein Elefant, der Zuckerrohr im Feld zerkleinert. Alle Anwesenden bewunderten Kṛṣṇas Kraft. Das laute Krachen des brechenden Bogens erfüllte Himmel und Land und drang auch an Kaṁsas Ohren. Als Kaṁsa erfuhr, was geschehen war, begann er um sein Leben zu fürchten. Den Wächter des Bogens, der alles mit angesehen hatte, überkam fürchterliche Wut. Er befahl seinen Männern, sofort zu den Waffen zu greifen, und stürzte auf Kṛṣṇa zu, indem er laut ausrief: »Nehmt Ihn gefangen! Tötet Ihn!« Schnell wurden Kṛṣṇa und Balarāma umzingelt. Als Sie die drohenden Gesten der Wächter sahen, wurden Sie zornig, und mit den beiden zerbrochenen Bogenhälften, die Sie vom Boden aufnahmen, schlugen Sie ihre Gegner in die Flucht. Im größten Tumult griff eine von Kaṁsa geschickte kleine Abteilung Soldaten ein, die den Wächtern zu Hilfe kommen sollten, doch Kṛṣṇa und Balarāma kämpften auch mit ihnen und töteten sie allesamt.

Danach ging Kṛṣṇa nicht weiter durch die Opferungsarena, sondern verließ sie durch das Tor und begab Sich zu Ihrem Lager. Unterwegs besuchte Er verschiedene Sehenswürdigkeiten Mathurās, die Ihn sehr begeisterten. Als die Einwohner der Stadt Kṛṣṇas und Balarāmas Taten und außergewöhnliche Stärke sahen, begannen sie zu glauben, die Brüder seien Halbgötter, die nach Mathurā gekommen seien, und sie betrachteten Sie mit ehrfürchtigem Staunen. Die beiden Brüder Ihrerseits schlenderten sorglos weiter durch die Straßen, ohne Sich im geringsten um Kaṁsas Gesetz und Recht zu kümmern. Mit Einbruch des Abends schließlich gelangten Kṛṣṇa, Balarāma und Ihre Hirtenfreunde vor die Stadttore, wo die Ochsenwagen ein Lager gebildet hatten. Mit Ihren Taten machten Kṛṣṇa und Balarāma Kaṁsa warnend auf Ihre Ankunft in Mathurā aufmerksam, so daß der König ahnen konnte, was ihn am nächsten Tag in der Opferungsarena erwartete.

Als Kṛṣṇa und Balarāma von Vṛndāvana nach Mathurā reisten, hatten sich die Bewohner von Vṛndāvana bereits das Glück der Bürger von Mathurā ausgemalt, da sie die außerordentliche Schönheit Kṛṣṇas würden sehen dürfen, der von Seinen reinen Geweihten sowie der Glücksgöttin verehrt wird. Die Erwartungen der Einwohner von Vṛndāvana hatten sich nun tatsächlich erfüllt, denn die Bürger Mathurās fühlten glückliche Zufriedenheit, als sie Kṛṣṇa sahen.

Sobald Kṛṣṇa zu Seinem Lager zurückkehrte, kümmerten sich Diener um Ihn, die Seine Lotosfüße wuschen, Ihm einen bequemen Sitzplatz zurechtmachten und Ihm Milch und andere wohlschmeckende Speisen darbrachten. Nachdem Kṛṣṇa dann Sein Abendmahl eingenommen und Sich den Ablauf des nächsten Tages überlegt hatte, legte Er Sich friedlich zur Ruhe und verbrachte so die Nacht im Lager.

Ganz anders ging es Kaṁsa. Nachdem er erfahren hatte, daß Kṛṣṇa seinen wunderbaren Bogen zerbrochen und seine Wächter und Soldaten getötet hatte, konnte er sich eine geringe Vorstellung von der unfaßbaren Macht des Höchsten Persönlichen Gottes machen. Ihm wurde klar, daß nun, da der achte Sohn Devakīs erschienen war, sein Tod unmittelbar bevorstand. Weil er immer an sein bevorstehendes Ende denken mußte, konnte er die ganze Nacht kein Auge zutun. Er hatte viele unheilvolle Visionen, und er begriff, daß Kṛṣṇa und Balarāma, die bereits die Tore seiner Stadt erreicht hatten, die Todesboten für ihn waren. Kaṁsa begann sowohl im Wachen wie auch im Träumen verschiedene unglückverheißende Zeichen zu sehen. Wenn er z. B. in den Spiegel blickte, konnte er seinen Kopf nicht mehr sehen, obwohl dieser noch immer da war. Er sah die Sterne am Himmel doppelt, obgleich es sie nur einmal gab. Dazu glaubte er, Löcher in seinem Schatten zu erkennen und ein hohes sirrendes Geräusch in seinen Ohren zu vernehmen. Alle Bäume, die er erblickte, schienen ihm aus Gold zu bestehen, und er konnte nicht länger seine Fußspuren im Staub oder Schlamm wahrnehmen. Im Traum erschienen ihm verschiedene Geister, die in einer von Eseln gezogenen Kutsche saßen. Dazu träumte er, daß ihm jemand einen Becher voll Gift reiche, den er austrank. In einem anderen Traum sah er sich nackt mit einer Blumengirlande umhergehen und seinen ganzen Körper mit Öl einreiben. Als Kaṁsa diese Todesvorzeichen sowohl im Wachzustand als auch im Schlafzustand wahrnahm, erkannte er, daß ihm der Tod sicher war, und vor Angst konnte er die Nacht nicht schlafen. Gleich als es hell wurde, stürzte sich Kaṁsa deshalb in Vorbereitungen für den Ringkampf.

Die Kampfarena wurde gründlich gesäubert und mit Fähnchen, Girlanden und Blumen geschmückt; kurz darauf ertönte das Dröhnen der Kesselpauken, das den Wettkampf ankündigte. Der Kampfplatz selbst sah durch die vielen Wimpel und Flaggen, die ihn zierten, prächtig aus. Für die ehrwürdigen Persönlichkeiten, wie die Könige, die brāhmaṇas und die kṣatriyas, waren mehrere Tribünen errichtet worden; für die Könige hatte man Throne reserviert, und auch für einige Ehrengäste waren besondere Sitze vorgesehen. Schließlich traf Kaṁsa in Begleitung seiner Minister und Sekretäre ein und setzte sich auf ein etwas erhöhtes Podium, das extra für ihn bestimmt war. Doch obwohl er inmitten all seiner Regierungsbeamten saß, zitterte sein Herz vor Todesangst. Der grausame Tod schreckt offensichtlich nicht einmal vor einem so mächtigen Menschen wie Kaṁsa zurück. Wenn der Tod kommt, ist es ihm gleichgültig, wie hoch die Stellung seines Opfers ist.

Als alles zum Kampf bereit war, marschierten die Ringer, die ihr Können vor der Menge zeigen sollten, in die Arena ein. Sie waren mit hellem Geschmeide und leuchtenden Gewändern geschmückt. Die berühmtesten von ihnen waren Cāṇūra, Muṣṭika, Śala, Kūṭa und Tośala. Angefeuert durch die erhebende Musik, schritten sie höchst zuversichtlich durch die Arena. Auch die ehrwürdigen Kuhhirten, die, angeführt von Nanda Mahārāja, von Vṛndāvana gekommen waren, wurden von Kaṁsa willkommen geheißen. Nachdem die Kuhhirten Kaṁsa ihrerseits die mitgebrachten Milchgerichte überreicht hatten, nahmen auch sie ihre Plätze auf einer für sie vorgesehenen Tribüne zur Seite des Königs ein.

Hiermit endet die Erläuterung Bhaktivedantas zum 41. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Kṛṣṇa zerbricht den Bogen in der Opferarena«.