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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
40. Kapitel:
 
Krishna
 
Kṛṣṇa kommt nach Mathūra


 

Während Akrūra dem Höchsten Persönlichen Gott seine Gebete darbrachte, verschwand der Herr aus dem Wasser - wie ein geschickter Schauspieler, der seine Kleidung wechselt und wieder sein ursprüngliches Aussehen annimmt. Nachdem der Viṣṇu-mūrti verschwunden war, stieg Akrūra aus dem Fluß. Er beendete Seine Verehrungsrituale und ging, noch immer von Erstaunen überwältigt, zu der Kutsche mit Balarāma und Kṛṣṇa zurück. Kṛṣṇa fragte Seinen Onkel, ob er etwas Wunderbares im Wasser oder am Himmel gesehen habe, worauf Akrūra antwortete: »Lieber Herr, alle wundervollen Dinge, die in dieser Welt geschehen, ob in der Luft, im Wasser oder auf dem Land, finden in Deiner universalen Form statt. Wenn ich also Dich gesehen habe, welche wundervollen Dinge habe ich nicht gesehen?« Diese Erklärung bestätigt die Aussagen der vedischen Schriften, in denen es heißt, daß jemand, der Kṛṣṇa kennt, alles kennt, und daß jemand, der Kṛṣṇa gesehen hat, alles gesehen hat - wie wunderbar es auch sein mag. »Lieber Herr«, fuhr Akrūra fort, »es kann nichts Wundervolleres geben als Deine transzendentale Gestalt. Wenn ich also diese transzendentale Form gesehen habe, was bleibt mir dann noch zu sehen?«

Nach diesen Worten ließ Akrūra den Wagen anfahren. Gegen Abend schließlich hatten sie fast die Gegend von Mathurā erreicht. Alle Reisenden, die Kṛṣṇa und Balarāma auf Ihrer Fahrt nach Mathurā begegneten, konnten nicht anders als die beiden anschauen. Unterdessen hatten die Einwohner von Vṛndāvana, angeführt von Nanda und Upananda, Mathurā bereits erreicht, weil sie ihren Weg durch Wälder und Flüsse genommen hatten, und warteten auf Kṛṣṇa und Balarāmas Ankunft.

Als die Brüder schließlich vor das Stadttor von Mathurā gelangten, sprangen Sie von Akrūras Wagen und reichten ihm zum Abschied die Hand. Kṛṣṇa sagte zu Akrūra: »Du kannst nun nach Hause gehen, und Wir werden Uns zusammen mit Unseren Gefährten in die Stadt begeben.« Doch Akrūra erwiderte: »O lieber Herr, ich kann unmöglich allein Mathurā betreten, und Dich hier verlassen. Ich bin Dein ergebener Diener; versuche bitte nicht, mich zu meiden, sondern komm gemeinsam mit Deinem älteren Bruder Balarāma und den Kuhhirten von Vṛndāvana mit mir zu meinem Haus und heilige es durch Deine Anwesenheit. Mein lieber Herr, wenn Du mich besuchst, wird mein Haus von dem Staub Deiner Lotosfüße geheiligt. Das Wasser, das wie Schweiß von Deinen Lotosfüßen kommt, nämlich der Ganges, kann jeden reinigen - einschließlich der Vorväter, des Feuergottes und aller anderen Halbgötter. König Bali Mahārāja wurde berühmt, weil er Deine Lotosfüße wusch, und alle seine Verwandten erreichten, weil er das Gangeswasser berührt hatte, die himmlischen Planeten. Bali Mahārāja selbst erfreute sich aller materiellen Reichtümer und wurde später zur höchsten Stufe der Befreiung erhoben. Das Gangeswasser heiligt nicht nur die drei Welten, sondern es wird auch von Śiva auf dem Kopf getragen. O Höchster Herr aller Herren! O Meister des Universums! Ich bringe Dir meine achtungsvollen Ehrerbietungen dar.«

Als Kṛṣṇa dieses angehört hatte, erwiderte Er: »Akrūra, Ich verspreche dir, dich mit Meinem älteren Bruder Balarāma zu Hause zu besuchen, aber erst wenn Ich alle Dämonen getötet habe, die der Yadu-Dynastie übel gesonnen sind. Dadurch werde Ich alle Meine Verwandten erfreuen können.« Akrūra enttäuschten diese Worte des Höchsten Persönlichen Gottes zwar ein wenig, doch konnte er Seine Anweisung nicht mißachten. Er fuhr also allein in die Stadt und informierte Kaṁsa über Kṛṣṇas Ankunft. Anschließend ging er nach Hause.

Nach dem Abschied Akrūras betraten Kṛṣṇa und Balarāma zusammen mit den Kuhhirtenjungen Mathurā, um Sich die Stadt anzusehen. Sie bemerkten, daß das äußerst kunstvoll gebaute Stadttor aus feinstem Marmor gefertigt war und die kleinen Türen darin aus purem Gold. Überall im Stadtinnern waren großartig angelegte Gärten zu sehen, und die ganze Stadt war mit Geschützen umgeben, so daß es einem Feind fast unmöglich war, in sie einzudringen. Die Straßenkreuzungen waren mit Gold verschönert, und die vielen Häuser reicher Bürger waren symmetrisch gebaut, als wären sie alle vom gleichen Architekten entworfen. Die Häuser hatte man mit kostbaren Edelsteinen verziert, und zu jedem Gebäude gehörte ein schönes Grundstück mit Obstbäumen und Blumen. Die Gärten, Veranden und Vorräume der Häuser waren mit seidenen Tüchern und Zierwerk aus Juwelen und Perlen geschmückt. Vor den Balkonfenstern stolzierten gurrende Tauben und Pfauen umher. Die Getreidehandlungen der Stadt gaben durch verschiedenartige Blumengirlanden, frisches Gras und blühende Rosen ein prächtiges Bild. An den Hauptportalen der Gebäude hingen mit Wasser gefüllte Töpfe, und eine Mischung aus Yoghurt und Wasser war überall versprengt worden. Über den Türen waren brennende Lampen von unterschiedlicher Größe angebracht, die mit Blumen besteckt waren, und die Eingänge hatte man mit Gewinden aus frischen Mangoblättern und seidenen Tüchern umrahmt.

Sowie sich die Nachricht verbreitet hatte, daß Kṛṣṇa, Balarāma und die Kuhhirtenjungen sich in Mathurā befanden, liefen alle Einwohner herbei, und die Frauen und Mädchen eilten auf die Dächer ihrer Häuser, um sie zu sehen. Die Frauen hatten die Ankunft von Kṛṣṇa und Balarāma sehnsüchtig erwartet, und in ihrer Begierde, die beiden transzendentalen Brüder zu sehen, nahmen sie sich nicht einmal die Zeit, sich ordentlich zu kleiden. Einige verwechselten sogar ihre Kleidungsstücke. Manche schminkten nur ein Auge, und wieder andere trugen nur an einem Bein Fußglöckchen oder nur einen Ohrring. So begaben sie sich in großer Hast und nicht einmal gebührend hergerichtet auf die Dächer, um Kṛṣṇa zu sehen. Manche waren gerade beim Essen gewesen, doch sowie sie hörten, daß Kṛṣṇa und Balarāma in der Stadt eingetroffen waren, ließen sie ihre Mahlzeit stehen und liefen auf die Dächer. Andere badeten gerade, doch auch sie liefen, ohne ihr Bad richtig zu beenden, sofort aus den Häusern, um Kṛṣṇa und Balarāma zu sehen. Als Kṛṣṇa dann lächelnd und ganz langsam vorbeiging, stahl Er augenblicklich ihre Herzen. Er, der Gemahl der Glücksgöttin, zog wie ein Elefant durch die Straßen von Mathurā. Die Frauen der Stadt hatten schon lange vorher von Kṛṣṇa und Balarāma und Ihren außergewöhnlichen Eigenschaften und Ihrem besonderen Wesen gehört; sie fühlten sich daher bereits sehr zu Ihnen hingezogen und waren sehr begierig, Sie zu sehen. Als Kṛṣṇa und Balarāma nun persönlich an ihnen vorbeigingen und sie Ihr betörendes Lächeln sahen, erreichte die Seligkeit der Frauen den Punkt der Ekstase. Mit eigenen Augen sahen sie Kṛṣṇa und Balarāma und schlossen Sie sofort in ihre Herzen, um Sie dort nach Herzenslust zu umarmen. Dabei sträubten sich ihnen die Haare vor Ekstase. Obwohl sie schon viel von Kṛṣṇa gehört hatten, war es ihnen nie vergönnt gewesen, Ihn wirklich zu sehen, doch nun endlich war ihr Sehnen erfüllt. Von den Palastdächern Mathurās schütteten die Frauen einen wahren Blumenregen über Kṛṣṇa und Balarāma. Während die Brüder durch die Straßen spazierten, kamen auch die brāhmaṇas aus den Nachbarhäusern herbei und hießen sie mit Sandelholz und Blumen achtungsvoll in Mathurā willkommen. Alle Einwohner Mathurās sprachen über die vortrefflichen und frommen Taten, die die Bewohner von Vṛndāvana vollbracht haben mußten. Sie fragten sich, welch rechtschaffene Werke die Kuhhirten in ihren vorangegangenen Leben wohl getan hatten, um Kṛṣṇa und Balarāma täglich als Kuhhirtenjungen sehen zu können.

Auf Ihrem Weg durch die Straßen sahen Kṛṣṇa und Balarāma einen Wäscher und Tuchfärber. Kṛṣṇa gefiel es, ihn um ein schönes Kleidungsstück zu bitten. Er versprach dem Wäscher eine glückliche Zukunft, wenn er Ihm das prächtigste Tuch schenke. Weder war Kṛṣṇa ein Bettler noch benötigte Er Kleidung. Er wollte durch Seine Bitte lediglich darauf hinweisen, daß jeder dazu bereit sein solle, dem Herrn alles zu geben, was Er verlangt. Das ist die Bedeutung des Kṛṣṇa-Bewußtseins.

Unglücklicherweise aber war der Wäscher ein Diener Kaṁsas und wußte daher den Wunsch Kṛṣṇas, des Höchsten Persönlichen Gottes, nicht zu würdigen. Das ist die Folge schlechten Umgangs. Er hätte dem Höchsten, der ihm alles Glück der Welt versprach, augenblicklich das Tuch geben können, doch weil er in Kaṁsas Diensten stand, hatte der sündvolle Dämon keine Achtung vor Kṛṣṇas Angebot. Statt sich zu freuen, wurde er sehr aufgebracht und schlug dem Herrn die Bitte ab, indem er Ihn anfuhr: »Wie kannst Du es wagen, mich um Kleidung zu bitten, die für den König bestimmt ist?« Der Wäscher gab Kṛṣṇa und Balarāma den Rat: »Meine lieben Jungen, seid in Zukunft nicht noch einmal so unverschämt, um Dinge zu betteln, die dem König gehören. Andernfalls werden euch die Ordnungshüter strafen müssen. Sie werden Euch gefangennehmen, und dann geht es Euch schlecht. Dies habe ich schon bereits am eigenen Leib erfahren können. Jeder, der unrechtmäßig über das Eigentum des Königs verfügen will, wird schwer bestraft.«

Als Kṛṣṇa, der Sohn Devakīs, diese Antwort vernahm, wurde Er sehr zornig auf den Wäscher, und Er versetzte ihm mit der Handkante einen Schlag, der den Kopf des Wäschers von dessen Schultern trennte, so daß der Mann tot zu Boden stürzte. Diese Handlung Śrī Kṛṣṇas bestätigt die Aussage in der Brahma-saṁhitā, daß Kṛṣṇa mit jedem Teil Seines Körpers tun kann, was immer Er will. In diesem Fall also schlug Er dem Wäscher ohne ein Schwert, nur mit der bloßen Hand, den Kopf ab, was zeigt, daß der Höchste Herr allmächtig ist. Wenn Er etwas tun möchte, kann Er es ohne jede Hilfe tun.

Nach diesem gräßlichen Zwischenfall ergriffen die Angestellten des Wäschers entsetzt die Flucht; die Tücher ließen sie zurück. Kṛṣṇa und Balarāma nahmen sie sogleich in Ihren Besitz, und wählten Sich einige davon aus, um Sich neu zu kleiden. Den Rest verteilten Sie an die Hirtenjungen, die die Tücher ebenfalls nach Belieben verwendeten. Was sie nicht gebrauchen konnten, ließen sie einfach liegen; dann gingen sie weiter. Ein Gottgeweihter, der Schneider war, nahm die Gelegenheit wahr, Kṛṣṇa und Balarāma einen Dienst zu erweisen, und fertigte den Brüdern von den Tüchern einige sehr hübsche Kleidungsstücke. In Ihren neuen Kleidern sahen Kṛṣṇa und Balarāma aus wie zwei in farbenprächtige Tücher gekleidete Elefanten am Vollmondtag des dunklen Mondes. Kṛṣṇa freute Sich sehr über den Schneider und segnete ihn mit der sārūpya-mukti, was bedeutete, daß er nach dem Verlassen seines Körpers befreit sein und, gleich dem vierarmigen Nārāyaṇa auf den Vaikuṇṭha-Planeten, einen spirituellen Körper erhalten würde. Er versicherte ihm auch, daß er für den Rest seines Lebens genügend Reichtum erwerben würde, um die Sinnenfreuden genießen zu können. Damit zeigte Kṛṣṇa, daß es den Kṛṣṇa-bewußten Gottgeweihten nicht an materiellem Genuß oder Sinnenbefriedigung fehlt. Sie bekommen ausreichend Gelegenheit, solche Dinge zu genießen, und nachdem sie ihr Leben in der materiellen Welt beendet haben, dürfen sie zu den spirituellen Planeten, den Vaikuṇṭhalokas, oder nach Kṛṣṇaloka, bekannt als Goloka Vṛndāvana, gehen.

Nach diesem Erlebnis kamen Kṛṣṇa und Balarāma zu einem Blumenhändler mit Namen Sudāmā. Sowie Sie in die Nähe seines Hauses gelangten, lief Ihnen der Blumenhändler entgegen und warf sich voll Hingabe vor Ihnen flach auf den Boden, um Ihnen seine respektvollen Ehrerbietungen zu erweisen. Dann bot er Kṛṣṇa und Balarāma einen bequemen Sitz an und befahl seinem Gehilfen, Blumen und mit candana-Paste bestrichene Betelnüsse herbeizuholen. Der Empfang, den Ihm der Blumenhändler bereitete, gefiel dem Herrn sehr.

Sehr demütig und bescheiden brachte der Blumenhändler dem Herrn seine Gebete dar, indem er sagte: »Mein lieber Herr, ich glaube, daß all meine Vorfahren und ehrenwerten Vorgesetzten durch Deinen Besuch in meiner Wohnstätte mit Freude erfüllt und befreit worden sind. Du bist die höchste Ursache aller Ursachen der kosmischen Manifestation, und Du bist zum Wohl der Bewohner dieses Erdplaneten zusammen mit Deiner vollständigen Erweiterung erschienen, um Deine Geweihten zu beschützen und die Dämonen zu vernichten. Als Freund aller bist Du jedem gleichgesinnt; Du bist die Überseele in allen Wesen und machst keine Unterschiede zwischen Freund und Feind; dennoch gefällt es Dir, Deine Geweihten mit dem besonderen Ergebnis ihres hingebungsvollen Dienens zu beschenken. O Herr, ich bitte Dich, mir zu sagen, was ich für Dich tun kann, denn ich bin Dein ewiger Diener. Wenn Du mir gestattetest, Dir einen Dienst zu erweisen, so wäre das eine große Gunst für mich.« Der Blumenhändler Sudāmā war aus ganzem Herzen froh, Kṛṣṇa und Balarāma bei sich sehen zu dürfen, und so fertigte er aus seinem sehnlichsten Wunsch heraus zwei herrliche Girlanden aus den erlesensten Blüten, die er dann dem Herrn zum Geschenk gab. Kṛṣṇa wie auch Balarāma freuten Sich sehr über den aufrichtigen Dienst des Blumenhändlers, und so lobte Kṛṣṇa ihn und gab ihm Seinen Segen, den Er immer für die Ihm hingegebenen Seelen bereithält. Als dem Blumenhändler eine Segnung angeboten wurde, bat er den Herrn darum, für immer als Sein Diener beschäftigt sein zu dürfen und durch sein hingebungsvolles Dienen Gutes für alle Lebewesen tun zu können. Daran wird deutlich, daß sich ein Geweihter des Herrn nicht mit seinem eigenen Fortschritt im hingebungsvollen Dienen, d. h. im Kṛṣṇa-Bewußtsein zufriedengeben sollte; er muß vielmehr bereit sein, sich um das Wohl aller zu bemühen. Auch die sechs Gosvāmīs von Vṛndāvana folgten diesem Prinzip. Dies wird in dem an sie gerichteten Gebet bestätigt: lokānāṁ hitakāriṇau - »Vaiṣṇavas oder Gottgeweihte sind nicht selbstsüchtig.« Sie wollen jede Segnung, die sie vom Höchsten Herrn aus Seiner grundlosen Barmherzigkeit erhalten, sofort an alle anderen Wesen weitergeben. Das ist die wertvollste aller humanitären Tätigkeiten. Weil Kṛṣṇa so zufrieden mit Sudāmā war, gewährte Er ihm nicht nur die Erfüllung all seiner Wünsche, sondern bot ihm dazu noch alle nur erdenklichen materiellen Gaben an, wie z. B. Familienglück, eine lange Lebensdauer und was sein Herz sonst noch in der materiellen Welt begehrte.

Hiermit endet die Erläuterung Bhaktivedantas zum 40. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Kṛṣṇa kommt nach Mathurā«.