Photo Gallery

Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
14. Kapitel:
 
Krishna
 
Brahmā bringt Śrī Kṛṣṇa seine Gebete dar


 

Brahmā betete: »Lieber Herr, Du bist der Absolute Höchste Persönliche Gott, der von allen Lebewesen zu verehren ist. Ich bringe Dir meine demütigen Ehrerbietungen und Gebete dar, um Dich zu erfreuen. Deine Körperfarbe gleicht der Farbe frischer Gewitterwolken, und um Dich herum erstrahlt eine silbern-glänzende Aura, die von Deinem gelben Gewand ausgeht.

Immer wieder will ich Dir, dem Sohne Nanda Mahārājas, meine respektvollen Ehrerbietungen erweisen, der Du nun mit einem Muschelhorn in der Hand, Ohrringen und einer Pfauenfeder im Haar vor mir stehst. Dein Antlitz ist unsagbar schön, und mit Deinem Helm und der Girlande aus Waldblumen, die Deinen Hals schmückt, bist Du voller Liebreiz. In der einen Hand hältst Du Süßigkeiten, in der anderen eine Flöte, und in Deinem Gürteltuch stecken Hirtenstab und Büffelhorn. So stehst Du mit Deinen zierlichen Lotosfüßen vor mir.

Mein lieber Herr, die Menschen sagen, ich sei der Meister des vedischen Wissens, denn sie halten mich für den Schöpfer des Universums, doch nun hat es sich eindeutig gezeigt, daß ich nicht imstande bin, Dich zu verstehen, obgleich Du wie ein kleines Kind vor mir stehst. Du spielst gemeinsam mit Deinen Freunden und Kälbern, was sehr leicht dazu verleitet zu denken, Du besäßest nicht einmal eine ausreichende Erziehung. Du erscheinst vor mir wie ein kleiner Dorfjunge, der in seiner Hand etwas zum Essen hält, und der nach seinen verlorenen Kälbern sucht. Dennoch besteht zwischen Deinem und meinem Körper ein so großer Unterschied, daß ich Deine Kraft nicht ermessen kann; denn wie ich einst in der Brahma-saṁhitā sagte, ist Dein Körper nicht von materieller Natur.«

In der Brahma-saṁhitā erklärt Brahmā, daß der Körper des Herrn ganz und gar spirituell ist. Es besteht kein Unterschied zwischen dem Körper des Herrn und Ihm Selbst. Jedes Seiner Gliedmaßen kann die Funktionen aller anderen ausführen. Der Herr kann mit Seinen Händen sehen, mit Seinen Augen hören, Er kann mit Seinen Füßen Opfer annehmen und mit Seinem Mund schaffen.

Brahmā fuhr fort: »Du erscheinst als kleiner Hirtenjunge, um Deine Geweihten zu erfreuen, und obgleich ich ein großes Vergehen gegen Deine Lotosfüße beging, indem ich Deine Freunde und Kälber entführte, weiß ich doch, daß Du trotz alledem barmherzig mit mir sein wirst. Eine Deiner transzendentalen Eigenschaften ist es, daß du Deinen Geweihten sehr zugeneigt bist. Doch trotz Deiner Zuneigung bin ich nicht in der Lage, die Macht in Deinen Taten zu ermessen. Wenn sogar ich, Brahmā, die höchste Persönlichkeit im Universum, meine Unfähigkeit eingestehen muß, den kindlichen Körper des Höchsten Persönlichen Gottes zu begreifen, kann dies auch keinem anderen gelingen. Und wenn ich nicht einmal die spirituellen Kräfte ermessen kann, die Deinem kindlichen Körper innewohnen, wie könnte ich dann jemals Deine transzendentalen Spiele verstehen? Aus diesem Grunde wird in der Bhagavad-gītā gesagt, daß jeder, der nur ein wenig um die transzendentalen Spiele und das Erscheinen und Fortgehen des Herrn weiß, sogleich in das Reich Gottes eingehen kann, nachdem er den materiellen Körper aufgegeben hat. Diese Aussage wird auch von den Veden bestätigt. Es heißt dort: Wer den Höchsten Persönlichen Gott versteht, kann den Kreislauf von Geburt und Tod mit Leichtigkeit beenden. Ich empfehle den Menschen daher, nicht ihre Zeit mit dem Versuch zu verschwenden, sich durch Spekulieren Wissen anzueignen. Man kann Dich am besten verstehen, wenn man alles Spekulieren aufgibt und versucht, in ergebener Haltung über Dich zu hören - entweder von Dir Selbst, in Form Deiner Lehren, die in der Bhagavad-gītā und ähnlichen vedischen Schriften niedergelegt sind, oder von einem erleuchteten Gottgeweihten, der Zuflucht bei Deinen Lotosfüßen gesucht hat. Man braucht dazu nicht einmal seine Position in der materiellen Welt aufzugeben; es genügt schon, einfach nur über Dich zu hören. Obwohl Du nicht mit Hilfe der materiellen Sinne verstanden werden kannst, kann man dennoch, indem man einfach über Dich hört, die Unwissenheit überwinden, die aus Mißverständnissen entsteht. Du offenbarst Dich in Deiner Gnade nur einem Gottgeweihten. Niemand sonst kann Dich erkennen. Die Entwicklung spekulativen Wissens ohne eine Spur von hingebungsvollem Dienen ist nutzlose Zeitverschwendung auf der Suche nach Dir. Hingebungsvolles Dienen ist so bedeutsam, daß selbst der kleinste Versuch den Gottgeweihten auf die höchste Stufe der Vollkommenheit erheben kann. Man sollte daher, will man das höchste Ziel erreichen, niemals den glückverheißenden Vorgang des hingebungsvollen Dienens mißachten und sich der Spekulation ergeben. Durch diese kann man Deine kosmische Manifestation zwar zum Teil verstehen, doch ist es unmöglich, Dich, den Ursprung alles Existierenden, auf diese Weise zu erfassen. Wer versucht, durch Spekulieren zu Wissen zu kommen, vergeudet seine kostbare Zeit und Energie. Er gleicht einem Menschen, der aus leeren Hülsen Reis dreschen möchte. Man kann Reis mit einem Mühlstein enthülsen, doch wenn die Hülsen leer sind, hat es keinen Sinn, sie noch einmal zu mahlen. Man würde lediglich Seine wertvolle Zeit mit nutzloser Arbeit verschwenden.

O Herr, es gibt viele Beispiele von Menschen, die, nachdem sie vergeblich versucht hatten, die transzendentale Ebene durch Spekulieren oder Mystik zu erreichen, sich mit Körper, Geist und Worten im hingebungsvollen Dienen beschäftigten, so die höchste Stufe der Vollkommenheit erlangten und in Dein Reich eingingen. Die Versuche, Dich durch Spekulation oder mystische Meditation zu verstehen, sind ohne hingebungsvolles Dienen nutzlos. Man sollte vielmehr seine Worte in Deinen Dienst stellen und ständig Deine Nähe suchen, indem man von Deinem transzendentalen Ruhm chantet und davon hört. Wer es liebt, von Deinem Ruhm zu chanten und davon zu hören, kann die höchste Stufe der Vollkommenheit erreichen und in Dein Reich eingehen. Jeder, der immer mit Dir verbunden bleibt, indem er ständig von Deinen ruhmreichen Taten und Spielen chantet und hört, und Dir zur Freude die Früchte seiner Arbeit opfert, kann mit Leichtigkeit in Dein ewiges Reich zurückkehren. Nur Menschen, deren Herzen von jeglicher Verunreinigung befreit sind, können Dich erkennen, und das Herz kann man nur reinigen, wenn man von Deinen Herrlichkeiten hört und chantet.«

Der Herr ist alldurchdringend. Kṛṣṇa sagt Selbst in der Bhagavad-gītā: »Von Mir wird alles erhalten, doch gleichzeitig bin Ich nicht in allem.« Weil Kṛṣṇa allgegenwärtig ist, kann nichts ohne Sein Wissen existieren. Das alldurchdringende Wesen des Höchsten Persönlichen Gottes kann niemals vom begrenzten Wissen des winzigen Lebewesens erfaßt werden. Nur ein Mensch, dessen Geist durch Konzentration auf die Lotosfüße des Herrn stetig geworden ist, kann den Höchsten Herrn bis zu einem gewissen Grade verstehen. Gewöhnlich kreisen die Gedanken um Objekte der Sinnenfreude. Deshalb kann nur jemand, der seine Sinne im Dienste des Herrn verwendet, den Geist beherrschen und dann auf die Lotosfüße des Herrn richten. Die Konzentration des Geistes auf Kṛṣṇas Lotosfüße wird samādhi genannt. Solange man nicht die Stufe des samādhi, der Trance, erreicht hat, kann man nicht das Wesen des Höchsten Persönlichen Gottes verstehen. Es mag vielleicht einige Philosophen und Wissenschaftler geben, die jedes einzelne Atom in der materiellen Manifestation studieren können; ja, sie mögen unter Umständen sogar so fortgeschritten sein, daß sie in der Lage sind, die atomare Zusammensetzung des Kosmos und aller Planeten und Sterne zu berechnen oder sogar die Anzahl der leuchtenden Moleküle der Sonne und anderer Sterne und Leuchtkörper zu bestimmen, doch niemand kann die transzendentalen Eigenschaften der Höchsten Person zählen. Wie zu Beginn des Vedānta-sūtra erklärt wird, ist der Höchste Persönliche Gott der Ursprung aller Eigenschaften. Er wird im allgemeinen »nirguṇa« genannt. »Nirguṇa« bedeutet, »ohne Eigenschaften«. »Guṇa« bedeutet »Eigenschaft« und »nir« bedeutet »ohne«. Die Unpersönlichkeitsanhänger übersetzen das Wort »nirguṇa« mit »keine Eigenschaften habend«. Weil sie nicht in der Lage sind, die transzendentalen Eigenschaften des Höchsten Herrn zu erkennen, kommen sie zu der Schlußfolgerung, der Höchste Herr habe keine Eigenschaften. Doch dies ist ein Trugschluß. In Wirklichkeit ist der Höchste Herr die Quelle aller Eigenschaften, die in nicht-endender Fülle aus Ihm hervorgehen. Wie könnte also ein bedingtes Lebewesen jemals die Eigenschaften des Herrn zählen? Und selbst wenn jemand für einen Augenblick die Eigenschaften Kṛṣṇas ermessen könnte, so müßte er doch schon im nächsten Augenblick feststellen, daß sich die Eigenschaften des Herrn vermehrt haben. Es ist also nicht möglich, die transzendentalen Eigenschaften des Herrn zu zählen, und nur aus diesem Grund wird Er »nirguṇa« genannt.

Man sollte daher nicht versuchen, die Eigenschaften des Herrn durch Spekulation zu ermessen. Wenig sinnvoll ist es auch, den Körper zu schulen, um Vollkommenheit im mystischen yoga zu erreichen. Man braucht lediglich zu verstehen, daß die Leiden und Freuden des Körpers bereits vorherbestimmt sind, und daß es daher keinen Zweck hat, den Leiden des körperlichen Daseins ausweichen zu wollen oder zu versuchen, durch verschiedene körperliche Übungen glücklich zu werden. Es ist das beste, sich dem Höchsten Persönlichen Gott mit Körper, Geist und Worten hinzugeben. Nur so kann man den gewünschten Erfolg erzielen, wohingegen andere Versuche, die Höchste Absolute Wahrheit zu verstehen, zum Scheitern verurteilt sind. Ein intelligenter Mensch vergeudet daher seine Zeit nicht mit dem Versuch, der Höchsten Wahrheit durch Spekulation oder mystische Kräfte näher zu kommen. Er beschäftigt sich vielmehr im hingebungsvollen Dienen und vertraut darauf, daß der Höchste Persönliche Gott ihm helfen wird. Er weiß, daß alles, was seinem Körper widerfährt, eine Reaktion auf vorausgegangene gewinnbringende Tätigkeiten ist. Wenn man solch ein einfaches Leben im hingebungsvollen Dienen führt, gelangt man ohne weiteres Zutun in das transzendentale Reich des Höchsten Herrn. Ursprünglich ist jedes Lebewesen ein Teilchen des Höchsten, ein Kind Gottes. Jeder hat das natürliche Recht, die transzendentale Freude des Höchsten Herrn zu teilen, doch durch den Wunsch, Materie zu genießen und die aus diesem Wunsch erfolgte Verbindung mit der materiellen Natur haben sich die Lebewesen dieses Rechts beraubt. Wenn man sich aber einfach im hingebungsvollen Dienen für Gott beschäftigt, kann man leicht von der materiellen Verunreinigung befreit und auf die transzendentale Ebene erhoben werden, wo man sich zusammen mit dem Höchsten Herrn Śrī Kṛṣṇa eines ewigen Lebens voller Glückseligkeit und Wissen erfreut.

Brahmā erklärte Śrī Kṛṣṇa, er halte sich für das anmaßendste Lebewesen im ganzen Universum, denn er habe die wunderbare Macht des Herrn auf die Probe stellen wollen. Er entführte Seine Freunde und Kälber, nur um zu sehen, ob und wie der Herr sie wiederfinden würde. Doch nach dieser Tat gestand Brahmā ein, daß er höchst vermessen gewesen war, als er versuchte, seine eigene Energie vor dem Allmächtigen, dem Ursprung aller Energien, unter Beweis zu stellen. Als Brahmā, der in den Augen aller anderen Geschöpfe ein sehr mächtiges Lebewesen ist, wieder zur Vernunft kam, erkannte er, daß seine Macht im Vergleich zu der unermeßlichen Macht und Energie des Höchsten Persönlichen Gottes völlig unbedeutend ist.

Die Wissenschaftler der materiellen Welt haben einige erstaunliche Erfindungen wie z. B. die Atombombe gemacht, und wenn solche Waffen auf eine Stadt oder einen anderen schutzlosen Ort abgeworfen werden, richten sie große Verwüstungen an; doch was würden sie ausrichten, wenn sie z. B. auf der Sonne gezündet würden? Ebenso mag die Entführung der Hirtenjungen und Kälber ein außerordentliches Schauspiel der mystischen Kräfte Brahmās gewesen sein, doch als Sich Śrī Kṛṣṇa in all die verschiedenen Kälber und Jungen erweiterte, erkannte Brahmā, daß seine Macht höchst unbedeutend war.

Brahmā sprach Śrī Kṛṣṇa mit »Acyuta« (Unfehlbarer) an, weil der Herr nicht einmal den kleinsten Dienst einer Ihm hingegebenen Seele vergißt. Er ist Seinen Geweihten so gütig gesinnt und ihnen so zugeneigt, daß Er bereits den kleinsten Dienst als etwas Wertvolles annimmt. Brahmā hatte dem Herrn zweifellos schon viele Dienste geleistet, und als der Verwalter des Universums ist er gewiß ein treuer Diener Kṛṣṇas; deshalb war er sich auch sofort bewußt, daß er Kṛṣṇa besänftigen mußte. Er bat den Herrn daher, ihn als Seinen geringsten Diener zu betrachten, dem man kleine Fehltritte und Vermessenheiten ausnahmsweise einmal verzeihen könne. Er gab zu, daß er aufgrund seiner mächtigen Stellung als Brahmā überheblich geworden sei, und entschuldigte sich für seinen unüberlegten Fehler, indem er darauf hinwies, daß er die qualitative Inkarnation der Erscheinungsweise der Leidenschaft in der materiellen Welt sei. Brahmā ersuchte den Herrn noch einmal, ihm gnädig zu sein und ihm dieses große Vergehen zu vergeben.

Brahmā kannte also seine wirkliche Position. Er ist ohne Zweifel der höchste Lehrer im Universum, und er ist für die Schöpfung in der materiellen Natur verantwortlich, die aus den acht materiellen Elementen, dem falschen Ich, der Intelligenz, dem Geist, dem Äther, der Luft, dem Feuer, dem Wasser und der Erde, besteht. Obwohl ein Universum von gigantischer Größe ist, kann man es doch ebenso ausmessen wie die Länge unseres Körpers. Im allgemeinen schätzt man die Größe eines Menschen auf sieben Ellen. Unser Universum mag uns zwar unvorstellbar groß erscheinen, aber für Brahmā mißt es nicht mehr als sieben Ellen. Außer unserem Universum gibt es noch unzählige andere Universen, die sich jenseits des Einflußbereiches unseres Brahmā befinden. So wie zahllose Atome durch ein Fliegennetz dringen, so gehen Millionen und Milliarden von Universen in ihrer samenähnlichen Form aus den Poren Mahā-Viṣṇus hervor, der nur ein Teil der vollständigen Erweiterung Kṛṣṇas ist. So gesehen, im Vergleich mit Kṛṣṇa, hat Brahmā, obwohl er das höchste Geschöpf im Universum ist, keine Bedeutung.

Brahmā verglich sich daher mit einem Kind im Mutterleib. Wenn das Kind im Mutterleib zu strampeln beginnt und dabei mit seinen Armen und Beinen die Mutter stößt -, wird diese dann zornig werden? Natürlich nicht. Ebenso mag Brahmā zwar eine große Persönlichkeit sein, doch befindet auch er sich zusammen mit allem anderen Existierenden im Leib des Höchsten Persönlichen Gottes. Die Energie des Herrn durchdringt alles; es gibt keinen Teil der Schöpfung, in dem sie nicht aktiv ist. Alles existiert in der Energie des Höchsten Herrn, und daher befindet sich nicht nur der Brahmā unseres Universums, sondern auch jeder Brahmā all der anderen Millionen und Milliarden von Universen in der Energie des Herrn. Aus diesem Grunde wird der Herr auch als die Mutter alles Existierenden angesehen, und alles, was in Ihm existiert, als Sein Kind. Die gütige Mutter ist niemals böse auf ihr Kind, selbst dann nicht, wenn das Kind sie mit seinen Füßen tritt.

Brahmā erinnerte dann daran, daß er auf der Lotosblume geboren wurde, die nach der Zerstörung der drei Planetensysteme Bhūrloka, Bhuvarloka und Svarloka aus dem Nabel Garbhodakaśāyī Viṣṇus oder Nārāyaṇas wuchs. Das Universum ist in drei Planetensysteme unterteilt: svarga, martya und pātāla. Diese drei Planetensysteme gehen bei der Vernichtung des Universums in das Wasser des Garbhodaka-Ozeans ein. Dann legt Sich Nārāyaṇa, eine vollständige Erweiterung Kṛṣṇas, auf dem Wasser des Garbhodaka-Ozeans nieder, und auf dem Lotos, der aus Seinem Nabel hervorsprießt, wird Brahmā geboren. So ist es zu erklären, daß Nārāyaṇa manchmal als die Mutter Brahmās bezeichnet wird. Kṛṣṇa trägt den Namen »Nārāyaṇa«, weil nach der Vernichtung des Universums alle Lebewesen in Ihm ruhen. Das Wort »nāra« bedeutet, »die Gesamtheit aller Lebewesen«, und »ayaṇa« bedeutet »Ruhestätte«. Garbhodakaśāyī Viṣṇu wird nicht nur Nārāyaṇa genannt, weil Er die endgültige Ruhestätte aller Lebewesen ist, sondern auch, weil Er auf dem Garbhodaka-Ozean ruht. Außerdem ist Nārāyaṇa, wie in der Bhagavad-gītā bestätigt wird, in jedem Herzen anwesend. Auch in diesem Sinne ist Er Nārāyaṇa, denn »ayaṇa« bedeutet sowohl »der Ursprung des Wissens« als auch »Ruhestätte«. In der Bhagavad-gītā wird ebenfalls bestätigt, daß die Fähigkeit, sich an etwas zu erinnern, von der Überseele im Herzen kommt. Wenn das Lebewesen seinen Körper wechselt, vergißt es sein ganzes vergangenes Leben, doch Nārāyaṇa, der als Überseele in jedem Herzen gegenwärtig ist, veranlaßt das Lebewesen, in Entsprechung zu seinen früheren Wünschen zu handeln. Brahmā wollte in seinem Gebet darauf hinweisen, daß Krṣṇa der ursprüngliche Nārāyaṇa und daß Nārāyaṇa keine Schöpfung der äußeren Energie ist, sondern eine Erweiterung der spirituellen Energie. Die äußere Energie, māyā, beginnt ihre Aktivität erst nach der Schöpfung der kosmischen Welt, wohingegen die ursprüngliche spirituelle Energie Nārāyaṇas bereits vor der Schöpfung aktiv ist. Die Erweiterungen Nārāyaṇas von Mahā-Viṣṇu zu Garbhodakaśāyī Viṣṇu, von Garbhodakaśāyī Viṣṇu zu Kṣīrodakaśāyī-Viṣṇu und von Kṣīrodakaśāyī Viṣṇu in das Herz aller Lebewesen sind Manifestationen Seiner spirituellen Energie. Diese Erweiterungen sind keine Manifestationen der materiellen Energie, und deshalb können sie auch nicht zeitweilig sein. Alles, was dem Einfluß der materiellen Energie unterliegt, ist vergänglich, wohingegen alles, was unter der Führung der spirituellen Energie geschieht, ewig ist.

Brahmā betonte noch einmal, daß Kṛṣṇa der ursprüngliche Nārāyaṇa ist, und sagte: »Der gigantische universale Körper liegt immer noch auf dem Wasser des Garbhodaka-Ozeans. Dieser gigantische Körper des Universums ist eine weitere Manifestation Deiner Energie. Weil diese universale Form auf dem Wasser ruht, ist sie ebenfalls Nārāyaṇa, und wir alle befinden uns im Leib dieser Nārāyaṇa-Form. Ich kann überall Deine verschiedenen Nārāyaṇa-Formen sehen: Ich kann Dich auf dem Wasser sehen; ich kann Dich in meinem Herzen wahrnehmen, und nun kann ich Dich sogar direkt vor mir sehen.

Mein lieber Herr, in Deiner jetzigen Erscheinung hast Du bereits bewiesen, daß māyā ganz unter Deiner Aufsicht steht. Obgleich Du Dich in der kosmischen Schöpfung aufhältst, ruht diese dennoch zur gleichen Zeit in Dir. Dies hast Du bewiesen, als Du Mutter Yaśodā die gesamte Schöpfung in Deinem Mund zeigtest. Solche Wunder offenbarst Du durch Deine unvorstellbare Energie yoga-māyā.

Mein lieber Kṛṣṇa, obwohl sich die gesamte kosmische Manifestation in Deinem Körper befindet, kann ich Dich dennoch außerhalb davon erblicken, und auch Du siehst mich außerhalb Deines Körpers. Wie könnte so etwas ohne den Einfluß Deiner unermeßlichen Energie geschehen?«

Brahmā betont hier besonders die Tatsache, daß man für nichts eine richtige Erklärung finden kann, solange man nicht die unvorstellbare Energie des Höchsten Persönlichen Gottes anerkennt.

Er sprach weiter: »Lieber Herr, selbst wenn wir alle anderen Dinge außer acht lassen und nur die heutigen Geschehnisse betrachten, so stellt sich die Frage, ob nicht auch sie einzig und allein auf Deine unvorstellbaren Energien zurückzuführen sind. Als ich Dich das erste Mal sah, warst Du allein; dann hast Du Dich in Deine Freunde, die Kälber und ganz Vṛndāvana erweitert, und daraufhin sah ich Dich und all Deine Freunde als vierarmige Viṣṇus, die von der gesamten Schöpfung - auch den Halbgöttern und mir selbst - verehrt wurden. Schließlich wurden alle diese Viṣṇus vor meinen Augen wieder zu Hirtenjungen und Kälbern. Ist all dies nicht ein eindeutiger Beweis dafür, daß Du der ursprüngliche Nārāyaṇa bist, der Ursprung allen Seins, daß alles von Dir ausgeht, und daß Du dennoch stets der Gleiche bleibst?

Menschen, die Deine unvorstellbaren Energien nicht kennen, können nicht verstehen, daß Du Dich als Brahmā, der Schöpfer, Viṣṇu, der Erhalter, und Śiva, der Zerstörer, erweiterst. Wer von diesen Dingen nichts weiß, glaubt, ich, Brahmā, sei der Schöpfer des Universums, Viṣṇu sei der Erhalter und Śiva der endgültige Zerstörer. In Wirklichkeit aber bist Du alles - der Schöpfer wie auch der Erhalter und der Zerstörer. In ähnlicher Weise erweiterst Du Dich auch in verschiedene Inkarnationen. Unter den Halbgöttern erscheinst Du als Vāmanadeva, unter den großen Weisen als Paraśurāma, unter den Menschen erscheinst Du als Kṛṣṇa oder Rāma, unter den Landtieren als Varāha, die Eber-Inkarnation, und unter den Wassertieren offenbarst Du Dich als Matsya, die Fisch-Inkarnation. Doch obwohl Du Dich in so vielen transzendentalen Formen manifestierst, wäre es falsch zu sagen, daß Du erscheinst, denn Du bist ewig. Aber wunderbarerweise bewirken Deine unvorstellbaren Energien Dein Erscheinen und Fortgehen, und so nimmst Du verschiedene Formen an, um die Gottgeweihten zu beschützen und die Dämonen zu vernichten. O Herr, alldurchdringender Höchster Persönlicher Gott, o Überseele in allen Herzen, Meister aller mystischen Kräfte, niemand kann Deine transzendentalen Spiele begreifen, die Du in den drei Welten offenbarst! Niemand kann sich auch nur annähernd vorstellen, wie Du Dich durch Deine yoga-māyā-Energie erweiterst. Lieber Herr, die gesamte kosmische Manifestation gleicht einem kurz aufflackernden Traum, und ihr zeitweiliges Dasein verwirrt die Lebewesen nur. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, daß sie im materiellen Leben ständig voller Ängste sind. In der materiellen Welt zu leben bedeutet nichts weiter, als zu leiden und ständig neue Leiden ertragen zu müssen. Aber dennoch scheint die zeitweilig existierende materielle Welt ein angenehmer und schöner Ort zu sein, denn sie ist ja aus Deinem transzendentalen Körper hervorgegangen, der ewiglich voller Glückseligkeit und Wissen ist.

Aus all diesen Gründen bin ich zu dem Schluß gekommen, daß Du die Absolute Wahrheit und die höchste, ursprüngliche Person bist, und obgleich Du Dich durch Deine unvorstellbaren transzendentalen Energien in unendlich viele Viṣṇu-Formen und unzählige Lebewesen und Energien erweitert hast, bist Du dennoch der Höchste Persönliche Gott, dem keiner gleichkommt; Du bist die Höchste Überseele. Die unzähligen Lebewesen sind wie Funken, die von Dir, dem ursprünglichen Feuer, stammen. Die Vorstellung, die Überseele sei unpersönlich, ist falsch, denn ich weiß nun, daß Du die ursprüngliche Person bist. Ein Mensch mit geringem Wissen denkt vielleicht, Du werdest, weil Du der Sohn Nanda Mahārājas bist, wie ein gewöhnlicher Mensch geboren und könntest aus diesem Grunde unmöglich die ursprüngliche Person sein; doch diese Annahme ist ein großer Irrtum. Du bist tatsächlich die ursprüngliche Person. Das ist mein endgültiges Urteil. Du bist die ursprüngliche Person und zugleich der Sohn Nandas, und darüber kann es keinen Zweifel geben. Du bist die Absolute Wahrheit und befindest Dich daher nicht in der Dunkelheit der materiellen Welt. Du bist der Ursprung des brahmajyoti und der materiellen Leuchtkörper. Wie in der Brahma-saṁhitā erklärt wird, besteht das brahmajyoti aus den Strahlen, die von Deinem Körper ausgehen. Es gibt unzählige Viṣṇu-Inkarnationen und ebenso viele Manifestationen Deiner transzendentalen Eigenschaften, doch all diese Inkarnationen befinden sich keineswegs auf der gleichen Ebene wie Du. Du bist wie die ursprüngliche Kerze, und obwohl die anderen Inkarnationen, die wie viele Kerzen sind, vielleicht die gleiche Leuchtkraft besitzen wie Du, bist Du doch die ursprüngliche Kerze, der Ursprung allen Lichts. Und weil Du nicht eine der vielen Schöpfungen der materiellen Welt bist, wirst Du selbst nach der Vernichtung dieser Welt weiterbestehen.

Da Du die ursprüngliche Persönlichkeit bist, wirst Du in der Gopāla-tāpanī wie auch in der Brahma-saṁhitā als »govindam ādi puruṣam« beschrieben, als Govinda, die urerste Person. In der Bhagavad-gītā wird ebenfalls erklärt, daß Du allein der Ursprung der Brahman-Ausstrahlung bist. Niemand sollte daher annehmen, Dein Körper sei ein gewöhnlicher, materieller Körper. Dein Körper ist akṣara, unzerstörbar. Der materielle Körper ist dem Angriff der drei materiellen Leiden ausgesetzt, doch Dein Körper ist sac-cid-ānanda-vigraha, ewig, voller Wissen und voller Glückseligkeit. Auch bist Du nirañjana, weil Deine Spiele als der kleine Sohn Mutter Yaśodās oder als der Herr der gopīs niemals von den materiellen Erscheinungsweisen berührt werden. Und obwohl Du Dich in so viele Hirtenjungen und Kälber erweitert hast, hat sich Deine transzendentale Kraft nicht verringert. Du bist immer vollendet und vollkommen. In der Iśopaniṣad wird erklärt, daß das Vollkommene, die Höchste Absolute Wahrheit, auch dann noch vollkommen bleibt, wenn etwas Vollkommenes von Ihm fortgenommen wird. Und obwohl viele Erweiterungen vom Vollkommenen ausgehen, bleibt das Vollkommene immer vollkommen und unvergleichlich. Da alle Deine Spiele spirituell sind, können sie niemals von den Erscheinungsweisen der materiellen Natur verunreinigt werden. Wenn Du Dich Deinem Vater und Deiner Mutter, Nanda und Yaśodā, fügst, bedeutet dies nicht, daß sich Deine Macht verringert. Diese Unterordnung ist nur ein Zeichen der Liebe, die Du für Deine Geweihten empfindest. Es gibt keinen Rivalen, der Dir auch nur annähernd gleichkäme. Törichte Menschen denken, Deine transzendentalen Spiele und Dein Erscheinen seien nur materielle Einbildungen. Doch wie in der Gopāla-tāpanī erklärt wird, bist Du völlig transzendental zu materieller Unwissenheit und materiellem Wissen. Du bist der ursprüngliche amṛta (Nektar der Unsterblichkeit), und Du bist unvergänglich. Dies wird ebenfalls in den Veden bestätigt: amṛtaṁ śāśvataṁ brahme. »Das Brahman ist der ewige und höchste Ursprung allen Seins; Er kennt weder Geburt noch Tod.«

In den Upaniṣaden wird gesagt, daß das Höchste Brahman, das wie die Sonne leuchtet, der höchste Ursprung alles Existierenden ist, und daß jeder, der diese urerste Person verstehen kann, vom materiellen, bedingten Leben befreit wird. Jeder, dem es durch hingebungsvolles Dienen gelingt, etwas Zuneigung zu Dir zu entwickeln, kann Dich Selbst, Deine Geburt, Dein Erscheinen, Dein Fortgehen und Deine Aktivitäten verstehen. Wie in der Bhagavad-gītā bestätigt wird, kann man sofort nach Verlassen des gegenwärtigen Körpers ins spirituelle Königreich erhoben werden, wenn man Deine wirkliche Position, Dein Erscheinen und Dein Fortgehen erkennt. Jeder intelligente Mensch, der den Ozean der materiellen Unwissenheit überqueren will, sucht deshalb Zuflucht bei Deinen Lotosfüßen und erreicht so ohne Schwierigkeiten die spirituelle Welt. Es gibt viele Verblendete, die sogenannte Meditation praktizieren, jedoch nicht wissen, daß Du die Höchste Seele bist. Wie in der Bhagavad-gītā erklärt wird, bist Du die Überseele, die in jedem Herzen gegenwärtig ist. Deshalb ist es sinnlos, über etwas anderes zu meditieren als über Dich. Für jemanden, der in tiefe Meditation über Deine ursprüngliche Gestalt als Śrī Kṛṣṇa versunken ist, wird der Ozean der Unwissenheit klein und unbedeutend wie die Pfütze im Hufabdruck eines Kalbes. Wer jedoch nicht weiß, daß Du die Höchste Seele bist, bleibt trotz seiner sogenannten Meditation in der materiellen Welt gefangen. Nur ein Mensch, der durch die Gemeinschaft mit Gottgeweihten zu verstehen beginnt, daß Du, Kṛṣṇa, die ursprüngliche Überseele bist, kann den Ozean der materiellen Unwissenheit ohne weiteres überqueren. Wenn jemand ein Seil für eine Schlange hält, ist er voller Furcht, doch sowie er seinen Irrtum bemerkt, vergeht seine unbegründete Angst. Wer daher durch Deine Lehren in der Bhagavad-gītā oder, wie es im Śrīmad-Bhāgavatam erklärt wird, durch Deinen reinen Geweihten versteht, daß Du das endgültige Ziel aller Erkenntnis bist, der braucht sich nicht länger vor der materiellen Existenz zu fürchten, denn er ist frei von Illusion. Der Vergleich mit dem Mann, der sich vor einem Seil fürchtet, weil er es für eine Schlange hält, trifft nur auf diejenigen zu, die nichts von Dir wissen; denn ebenso wie die irrtümliche Schlange lediglich in der Einbildung des Getäuschten existiert, existiert auch māyā (Illusion) nur in der Einbildung eines Lebewesens, das Dich vergessen hat. Māyā bedeutet im Grunde nichts anderes, als Dich zu vergessen. Wer sich daher innerlich wie auch äußerlich auf Dich ausrichtet, ist von aller Illusion befreit. Für jemanden, der sich auf diese Weise im hingebungsvollen Dienen betätigt, gibt es weder Befreiung noch Verstrickung. Ein solcher Gottgeweihter gleicht einem Menschen, der die vermeintliche Schlange als Seil erkennt und deshalb von aller Angst befreit wird. Er weiß, daß die gesamte materielle Welt Deine Schöpfung und damit Dein Eigentum ist, und verwendet daher alles in Deinem transzendentalen liebevollen Dienst; auf diese Weise ist er niemals im Materiellen verstrickt. Wer auf dem Sonnenplaneten lebt, sieht die Sonne nie auf- oder untergehen und kennt daher weder Tag noch Nacht. Ebenso gibt es auch für diejenigen, die ständig mit Dir zusammen sind, weder Verstrickung noch Befreiung. Sie sind bereits für immer und ewig frei. Wer sich dagegen nur künstlich einredet, befreit zu sein, und nicht bei Deinen Lotosfüßen Zuflucht gesucht hat, muß wieder in Unwissenheit zurückfallen, da Seine Intelligenz unrein ist.

Und wer nicht begreift, daß Du und die Überseele miteinander identisch sind, und versucht, Sie irgendwo, nur nicht bei Dir, zu finden – z. B. in den einsamen Wäldern oder den Berghöhlen des Himalayas –, der befindet sich ebenfalls in einem äußerst beklagenswerten Zustand.

Du erklärst unmißverständlich in der Bhagavad-gītā, daß man alle anderen Vorgänge zur Selbstverwirklichung aufgeben und sich einfach Dir hingeben soll. Diese Hingabe bildet die höchste Vollkommenheit. Selbst die Unpersönlichkeitsanhänger, die in die Brahman-Ausstrahlung eingehen wollen, suchen indirekt nach Dir, und auch die yogīs, die danach streben, die Überseele zu verwirklichen, versuchen durch ihre Meditation in Wirklichkeit nur, Dich zu erkennen. In der Bhagavad-gītā sagst Du, daß Du in Deiner Teil-Repräsentation als Überseele in alle kosmischen Manifestationen eingegangen bist. Somit bist Du auch im Herzen der Lebewesen gegenwärtig. Wer trotzdem versucht, die Überseele irgendwoanders zu finden, befindet sich in tiefster Unwissenheit. Intelligente Menschen erkennen, daß Du unbegrenzt bist, und daß Du inner- und außerhalb alles Existierenden weilst. Statt irgendwo in den Wäldern und Bergen nach Dir zu suchen, meditieren sie über Dich in ihrem Herzen. Doch müssen sie erst von allen materiellen Auffassungen frei werden, bevor sie Dich erkennen können, denn Du kannst nur von jemandem verstanden werden, der Dir mit Hingabe dient. Selbst die Transzendentalisten, die nach Brahman- oder Paramātma-Verwirklichung streben, sind außerstande, die verschiedenen Aspekte Deiner Persönlichkeit zu erkennen, solange sie nicht ein wenig hingebungsvolles Dienen ausgeführt haben. Auch wenn man der geistige Meister von Tausenden von Unpersönlichkeitsanhängern ist oder in den Wald oder eine Berghöhle zieht und dort als Eremit für viele Jahre meditiert, kann man Deine Herrlichkeit nicht verstehen, ohne vom hingebungsvollen Dienen gesegnet zu sein. Solange ein Mensch also nicht die wundervolle Macht des hingebungsvollen Dienens erfahren hat, ist er nicht einmal in der Lage, Dich als unpersönliches Brahman oder Paramātma zu erkennen.

»Lieber Herr, ich bitte Dich, laß mich in einem meiner nächsten Leben ein Gottgeweihter sein. Es ist mir völlig gleichgültig, was für einen Körper ich erhalte, denn ich habe gesehen, daß Deine Geweihten selbst in der Form von Kühen, Kälbern oder auch Hirtenjungen unvorstellbar glücklich sind, weil sie immer in Deinem transzendentalen Dienst beschäftigt sind und mit Dir zusammensein dürfen. Deshalb möchte ich viel lieber einer Deiner Gefährten sein als eine solch hochgestellte Persönlichkeit, wie ich es jetzt bin; denn trotz meiner hohen Position befinde ich mich in völliger Unwissenheit. Die gopīs und Kühe von Vṛndāvana sind im Gegensatz zu mir so sehr vom Glück begünstigt, daß sie Dich sogar säugen durften. Diese Segnung wurde ihnen nur deshalb zuteil, weil sie Dir ständig in transzendentaler Liebe hingegeben dienten, und so hast Du ihre Milch zu Deiner vollsten Zufriedenheit getrunken. Menschen hingegen, die lediglich Opfer ausführen auch wenn sie wertvolle Widder darbringen, können Dich nicht erfreuen. Um so mehr bewundere ich Mahārāja Nanda, Mutter Yaśodā, die Hirten und die gopīs, denn Du, der Höchste Persönliche Gott, die Höchste Absolute Wahrheit, lebst mit ihnen zusammen als ihr vertrautester und liebster Freund. Lieber Herr, niemand kann wirklich ermessen, wie glücklich die Einwohner von Vṛndāvana sind. Wir Halbgötter sind zwar sehr stolz darauf, die Sinne der Lebewesen zu kontrollieren, doch mit den Einwohnern von Vṛndāvana, die Dich täglich sehen und sich bei all ihrem Tun Deiner Gesellschaft erfreuen, können wir uns nicht vergleichen. Sie sind bereits in der Transzendenz verankert, so daß sie nicht länger unserer Aufsicht unterstehen, und weil sie in Deinem hingebungsvollen Dienst tätig sind, können sie sich ihrer Sinne wirklich erfreuen. Ich würde mich daher sehr glücklich schätzen, wenn ich in einem meiner zukünftigen Leben im Land von Vrndāvana geboren werden dürfte.

Lieber Herr, ich bin weder an materiellen Reichtümern noch an Befreiung interessiert. Es ist mein einziger Wunsch, im Wald von Vṛndāvana geboren zu werden, so daß ich von dem Staub gesegnet werde, der von den Füßen der Gottgeweihten fällt, die Dir dort dienen. Es ist mir ganz gleich, in welcher Lebensform ich geboren werde. -Schon die Geburt als bescheidener Grashalm wäre höchst ehrenvoll für mich. Sollte ich jedoch nicht für würdig genug erachtet werden, direkt im Wald von Vṛndāvana zu leben, so bitte ich Dich darum, mich zumindest in der unmittelbaren Umgebung wachsen zu lassen, so daß die Gottgeweihten, die den heiligen Wald verlassen, mich mit ihren Lotosfüßen berühren. Selbst das wäre schon eine große Segnung für mich, denn ich sehne mich nach nichts mehr, als den Staub von den Lotosfüßen reiner Gottgeweihter berühren zu dürfen.

Ich weiß, daß die Einwohner von Vṛndāvana völlig Kṛṣṇa-bewußt sind, denn sie kennen nichts anderes als Dich, Mukunda. Sie haben das Ziel der Veden erkannt, das darin besteht, Deine Lotosfüße zu erreichen.

In der Bhagavad-gītā erklärt Śrī Kṛṣṇa persönlich, daß Er das Ziel allen vedischen Wissens ist. Doch wird in der Brahma-saṁhitā auch darauf hingewiesen, daß es sehr schwierig ist, den Höchsten Persönlichen Gott allein durch Studieren der vedischen Schriften zu erkennen. Kṛṣṇa kann jedoch sehr leicht durch die Barmherzigkeit eines reinen Gottgeweihten erreicht werden. Die reinen Geweihten von Vṛndāvana sind besonders vom Glück begünstigt, denn sie können Mukunda, Śrī Kṛṣṇa, ständig von Angesicht zu Angesicht sehen. Das Wort »Mukunda« hat zwei Bedeutungen: Einmal bedeutet es «derjenige, der Befreiung gewähren kann und dadurch imstande ist, jedes Lebewesen mit transzendentaler Glückseligkeit zu erfüllen«, und zum anderen bezieht es sich auf Kṛṣṇas lächelndes Gesicht, das starke Ähnlichkeit mit der schönen kunda-Blume hat. Die reinen Gottgeweihten von Vṛndāvana unterscheiden sich von anderen Gottgeweihten darin, daß sie kein anderes Verlangen haben, als mit Kṛṣṇa zusammenzusein. Und da Kṛṣṇa Seinen Geweihten sehr zugeneigt ist, erfüllt Er ihnen diesen Wunsch. Alle Einwohner von Vṛndāvana haben die Stufe der spontanen Liebe zu Gott erreicht. Sie brauchen daher nicht mehr regulierenden Prinzipien zu folgen, denn sie haben bereits das Ziel der regulierenden Prinzipien erreicht - transzendentale Liebe zu Gott. Regulierende Prinzipien sind nur für diejenigen notwendig, die noch nicht diese Ebene erreicht haben, wie z. B. Brahmā, der immer noch an regulierende Prinzipien gebunden war. Aus diesem Grunde bat er Śrī Kṛṣṇa, ihm die Möglichkeit zu geben, in Vṛndāvana geboren zu werden, damit er auf die Ebene der spontanen Liebe erhoben werden könne.

»Lieber Herr«, fuhr Brahmā in Seinen Gebeten fort, »manchmal frage ich mich, ob es Dir jemals möglich sein wird, die Einwohner von Vṛndāvana für ihr hingebungsvolles Dienen zu belohnen. Ich habe diesen Zweifel, obwohl ich eigentlich weiß, daß Du alle Segnungen geben kannst. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie gütig und großherzig Du gegenüber der Hexe Pūtanā warst, die mit Mordabsichten zu Dir kam. Du hast sie befreit und wie Deine Mutter behandelt. Und auch andere Dämonen, wie z. B. Aghāsura und Bakāsura, die beiden Brüder Pūtanās, wurden mit Befreiung gesegnet. Ich muß Dir gestehen, daß meine Verwirrung immer größer wird, je länger ich darüber nachdenke.

Die Bewohner von Vṛndāvana haben sich Dir mit Leib und Seele hingegeben, haben Dir ihr Denken, ihre Liebe, ihr Heim geweiht. Sie verwenden alles, was sie besitzen, in Deinem transzendentalen Dienst. Aus diesem Grunde wirst Du wohl auf ewig in ihrer Schuld stehen, denn da Du bereits die Hexe Pūtanā so großmütig als Deine Mutter annahmst, besitzt Du nichts mehr, was Du ihnen geben könntest. Lieber Herr, ich weiß, daß Dir die Einwohner von Vṛndāvana vor allem deshalb so hingegeben dienen, weil sie alle ihre natürlichen Neigungen spontan in Deinem Dienst beschäftigen. Es wird gesagt, daß das Haften an materiellen Dingen und an Heim und Herd nur auf Illusion beruht, durch die das Lebewesen in der materiellen Welt bedingt wird. Doch im allgemeinen hat diese Aussage nur bei Menschen Gültigkeit, die nicht im Kṛṣṇa-Bewußtsein gefestigt sind. Für die Einwohner von Vṛndāvana gibt es nicht solche Hindernisse wie das Haften an Heim und Herd, denn ihre Anhänglichkeit und ihre Liebe sind ausschließlich auf Dich gerichtet; ihre Häuser sind dank Deiner ständigen Anwesenheit zu Tempeln geworden, und sie haben alles andere Dir zuliebe vergessen. Für einen wirklich Kṛṣṇa-bewußten Menschen existieren solche Hemmnisse wie Haus und Hof nicht, da er von aller Illusion befreit ist.

Es ist offenkundig, daß Dein Erscheinen als kleiner Hirtenjunge, als Kind unter den anderen Hirten, nichts mit der Geburt eines gewöhnlichen Lebewesens gemein hat. Vielmehr bist Du aus Dankbarkeit für die Zuneigung Deiner Gottgeweihten aus der spirituellen Welt in die materielle Welt herabgekommen, um sie durch Deine transzendentale Anwesenheit immer mehr in ihrem hingebungsvollen Dienen anzuspornen. In Vṛndāvana gibt es im Grunde keinen Unterschied zwischen Materiellem und Spirituellem, weil hier alles in Deinem transzendentalen Dienst verwendet wird. Lieber Herr, ich weiß auch, daß Du Deine transzendentalen Spiele nur deshalb entfaltest, weil Du mit ihnen Deine Gottgeweihten begeistern willst. Wer Deine Spiele für materiell hält, unterliegt daher einem großen Irrtum. Menschen, die Dich verspotten und behaupten, Dein spiritueller Körper sei materiell wie der jedes gewöhnlichen Menschen, werden in der Bhagavad-gītā als dämonisch und weniger intelligent beschrieben, denn es ist eine ewige Tatsache, daß Du immer völlig transzendental bist. Die Nicht-Gottgeweihten betrügen sich daher selbst, wenn sie Dich für ein Produkt der materiellen Welt halten. Sie wissen nicht, daß Du nur deshalb erscheinst, weil Du die Hingabe und die transzendentale Glückseligkeit Deiner Geweihten vergrößern willst.

Lieber Herr, ich kann nicht verstehen, wie Menschen von sich behaupten können, sie hätten Gott bereits verwirklicht oder seien durch ihre Verwirklichung selbst Gott geworden. Was mich betrifft, so bekenne ich ganz offen, daß ich Dich weder mit Körper noch mit Geist noch mit Worten begreifen kann. Was kann ich schon über Dich sagen, oder wie könnte ich Dich mit meinen Sinnen erkennen? Ich kann ja nicht einmal mit meinem Geist, dem Meister der Sinne, ohne Unterbrechung an Dich denken. Wie sollte dann ein gewöhnlicher Mensch in der Lage sein, Deine transzendentalen Eigenschaften und Handlungen zu verstehen oder Deinen transzendentalen Körper wahrzunehmen. Nur durch Deine Barmherzigkeit kann man Dich bis zu einem gewissen Ausmaß erkennen.

O Śrī Kṛṣṇa, manchmal bilde ich mir ein, der Gebieter dieses Universums zu sein, doch in Wirklichkeit beherrschst Du allein die gesamte Schöpfung. Aber auch wenn ich das ganze Universum beherrschte - was wäre das schon? -, es gibt noch unzählige andere Universen mit unzähligen anderen Brahmās, die letztlich alle unter Deiner Kontrolle stehen.

Weil Du als Überseele im Herzen jedes Lebewesens weilst, weißt Du alles. Bitte nimm mich daher als Deinen ergebenen Diener an. Ich hoffe, Du verzeihst mir mein unbesonnenes Verhalten, als ich Dich in Deinen Spielen mit Deinen Freunden und Kälbern störte.

Lieber Kṛṣṇa, bereits Dein Name weist darauf hin, daß Du allesanziehend bist. Die Anziehungskraft, die von Sonne und Mond ausgeht, findet ihren Ursprung allein in Dir. Und weil Du so anziehend wie die Sonne bist, verschönerst Du durch Deine Anwesenheit das Leben der Yadu-Dynastie. Durch die Strahlen des Mondes vergrößerst Du die Kraft der Halbgötter, der brāhmaṇas und der Kühe und erhöhst die Ergiebigkeit des Landes und der Ozeane. Ich weiß auch, daß durch Deine erhabene Anziehungskraft alle großen Dämonen wie Kaṁsa und seine Kumpane schon in kurzer Zeit vernichtet werden. Daher bin ich zu der wohlüberlegten Schlußfolgerung gekommen, daß Du der einzige verehrungswürdige Höchste Persönliche Gott bist. Laß mich Dir bitte bis an mein Lebensende meine demütigen Ehrerbietungen darbringen.«

Nachdem Brahmā, der Herr unseres Universums, dem Höchsten Persönlichen Gott auf diese Weise seine Ehrerbietungen erwiesen hatte, sagte er: »Erlaube mir nun bitte, nach Brahmaloka zurückzukehren, denn ich will Dich nicht länger belästigen. Du sollst ungestört mit Deinen Freunden und Kälbern weiterspielen können.« Der Herr gab mit einer Geste Sein Einverständnis, worauf der mächtige Halbgott Ihn dreimal umkreiste und sich dann auf seinem Schwan in die Lüfte erhob.

Sowie Brahmā Śrī Kṛṣṇa verlassen hatte, war alles wieder wie an dem Tag, an dem die Hirtenjungen und die Kälber verschwanden. Als Kṛṣṇa Seine Freunde am Ufer der Yamunā alleinließ, um die Kälber zu suchen, waren sie gerade dabei, ihr Mittagessen zu sich zu nehmen. Obwohl inzwischen fast ein Jahr vergangen war, dachten die Jungen, als sie den Herrn jetzt wiedersahen, Kṛṣṇa sei schon nach einem kurzen Augenblick zurückgekehrt.

Das ist ein Beweis für die wunderbare Wirkungsweise von Kṛṣṇas mannigfaltigen Energien. In der Bhagavad-gītā wird dazu gesagt, daß Kṛṣṇa im Herzen jedes Lebewesens weilt, und daß von Ihm Erinnerung und Vergessen kommen. Alle Lebewesen werden also von der erhabenen Energie des Herrn beherrscht, und manchmal erinnern sie sich an ihre wesenseigene Position, und ein anderes Mal nicht.

Weil auch Kṛṣṇas Freunde von dieser erhabenen Energie beherrscht wurden, ahnten sie nicht, daß sie ein ganzes Jahr lang unter Brahmās Zauberbann in einer Höhle in den Bergen geschlafen hatten, und so glaubten sie natürlich auch, Kṛṣṇa sei bereits nach einer Minute zu ihnen zurückgekehrt. Sie begannen lauthals zu lachen, als sie ihren transzendentalen Freund schon nach so kurzer Zeit wiedersahen, denn sie dachten, Kṛṣṇa habe es nicht über das Herz bringen können, die Gesellschaft Seiner fröhlich schmausenden Gefährten für längere Zeit zu verlassen. Die kleinen Kuhhirten wurden bei diesem Gedanken sehr glücklich und luden den Herrn mit scherzenden Worten ein, Sich wieder zu ihnen zu setzen: »Kṛṣṇa, lieber Freund, Du bist ja schnell wieder zurück! Nur gut, wir haben zum Glück noch gar nicht richtig angefangen. Komm und setz Dich zu uns, so daß wir gemeinsam weiteressen können.« Kṛṣṇa nahm ihre Einladung lächelnd an und setzte alsdann Sein unterbrochenes Mittagsmahl fort. Während alle vergnügt speisten, dachte Kṛṣṇa: »Diese Jungen glauben tatsächlich, Ich sei schon nach ein paar Minuten zurückgekommen; sie wissen nicht, daß Ich Mich ein Jahr lang als sie erweiterte, da Ich Mich mit Brahmās mystischem Zauber befassen mußte.«

Nachdem Kṛṣṇa und Seine Freunde ihr Mahl beendet hatten, machten sie sich auf den Nachhauseweg. Jeder der Hirtenjungen besaß ein Büffelhorn, einen Hirtenstab und eine Flöte, und während sie durch den Wald zogen, riefen sie die Kälber, die von ihnen behütet wurden, bei ihren jeweiligen Namen. Ihr Weg führt sie auch an Aghāsuras Leichnam vorbei, den sie unter jubelnden Freudenrufen bestaunten.

Als Kṛṣṇa schließlich zusammen mit Seinen Freunden das Dorf betrat, kamen alle Einwohner herbeigelaufen, um Ihn zu begrüßen. Auf dem Kopf trug Er einen mit einer Pfauenfeder geschmückten Helm, der genau wie Er Selbst mit Blumengirlanden bekränzt war; den Körper hatte Er mit den verschiedensten Mineralien bemalt, die aus den Höhlen des Govardhana-Hügels stammten. Der Govardhana-Hügel ist auch heute noch für seine roten Erdfarben berühmt, und Kṛṣṇa und Balarāma pflegten, zusammen mit Ihren Freunden, Ihre Körper mit diesen Farben zu bemalen.

Die Hirtenjungen waren so sehr von Kṛṣṇas Wundertat begeistert, daß sie beim Einzug ins Dorf wohlklingende Lieder komponierten, die von der Rettung vor der Riesenschlange und der Tötung des Ungeheuers durch Kṛṣṇa berichteten. In einigen der Lieder wurde Kṛṣṇa als der Sohn Yaśodās gepriesen und in anderen als der Sohn Nanda Mahārājas. Ein Junge sang z. B.: »Kṛṣṇa ist ganz einfach großartig. Er hat uns aus dem Rachen der großen Schlange errettet und sie mühelos getötet.« Niemand von ihnen ahnte, daß seit dem Erlebnis mit dem Aghāsura-Dämonen bereits ein Jahr vergangen war.

Mahārāja Parīkṣit hatte Śukadeva Gosvāmī die ganze Zeit über schweigend zugehört, doch an dieser Stelle unterbrach er ihn und fragte, wie es möglich gewesen sei, daß die Einwohner von Vṛndāvana plötzlich so viel Liebe für Kṛṣṇa entwickelten, obgleich Er gar nicht ihr Sohn war. Mahārāja Parīkṣit fragte auch: »Warum liebten die Eltern die Jungen mehr als ihre eigenen? Und warum verspürten die Kühe plötzlich eine viel größere Zuneigung zu den Kälbern, als zu ihren eigenen?«

Śukadeva Gosvāmī erklärte Mahārāja Parīkṣit: »Jedes Lebewesen hängt am meisten an sich selbst.« Äußerlichkeiten wie Heim, Familie, Freunde, Land, Gesellschaft, Reichtum, Wohlstand, Ruhm usw. sind an sich für das Lebewesen zweitrangig, denn es interessiert sich nur solange für diese Dinge, wie sie ihm Freude bereiten. So ist es auch zu erklären, daß die meisten Menschen egozentrisch sind und sich selbst mehr lieben als Frau, Kinder, Verwandte und Freunde. Wenn man selbst in Gefahr ist, sorgt man zuallererst für sich selbst und denkt erst dann an andere. Das ist natürlich und beweist eindeutig, daß man sich selbst der beste Freund ist. An zweiter Stelle steht unser Körper. Wer nichts von der ewigen spirituellen Seele weiß, haftet so stark am materiellen Körper, daß er sogar noch im Alter versucht, mit allen möglichen Mitteln und Methoden jung zu bleiben, indem er sich einbildet, sein alter, verbrauchter Körper sei noch auf irgendeine Weise zu retten. Jeder arbeitet, entweder mit einer materiellen oder mit einer spirituellen Auffassung vom Leben, Tag und Nacht schwer, um Geld zu verdienen und dann die Früchte seiner Arbeit zu genießen. Wir haften nur deshalb an materiellen Besitztümern, weil wir sie mit Hilfe der Sinne und des Körpers genießen wollen. Den Körper wiederum würden wir niemals lieben, wenn sich nicht das »Ich«, die Seele, im Herzen befände. Wer über spirituelles Wissen verfügt, weiß, daß man die spirituelle Seele nur deshalb liebt, weil sie ein Teil Kṛṣṇas ist. Letzten Endes lieben wir alle also Kṛṣṇa, denn Er ist die Überseele in allem Existierenden. Um dieses Wissen zu verkünden, erscheint der Höchste Herr mitten unter uns und zeigt, daß Er der allesanziehende Mittelpunkt der Schöpfung ist. Alles, was uns fasziniert, ist eine Erweiterung Śrī Kṛṣṇas, des Ursprungs aller Freude. Er ist das aktive Prinzip, und daher sehen die erleuchteten Transzendentalisten alles in Beziehung zu Ihm. Im Śrī Caitanya-caritāmṛta wird ebenfalls gesagt, daß ein mahā-bhāgavata, d. h. ein weit fortgeschrittener Gottweihter, Kṛṣṇa als das aktive Prinzip in allen sich bewegenden und sich nicht bewegenden Lebewesen erkennt und daher alles in Verbindung zu Ihm sieht. Jeder, der verwirklicht hat, daß Kṛṣṇa alles ist, und mit dieser Erkenntnis Zuflucht bei Ihm gesucht hat, ist bereits befreit. Ein solcher Mensch lebt also, mit anderen Worten, nicht länger in der materiellen Welt. Dies wird in der Bhagavad-gītā wie folgt bestätigt: Jeder, der sich im hingebungsvollen Dienen für Kṛṣṇa betätigt, befindet sich auf der brahma-bhūta-Stufe, auf der spirituellen Ebene. Schon allein der Name »Kṛṣṇa« weist auf Frömmigkeit und Befreiung hin, und somit steigt jeder, der bei Krṣṇas Lotosfüßen Zuflucht sucht, in das Boot, mit dem er den Ozean der Unwissenheit überqueren kann. Für eine solch hingegebene Seele wird dieser weite Ozean so klein, wie das Wasser im Hufabdruck eines Kalbes. Somit ist Kṛṣṇa das Ziel aller großen Seelen und die Zuflucht der gesamten Schöpfung.

Für einen Menschen, der fest im Kṛṣṇa-Bewußtsein verankert ist, ist Vaikuṇṭha, die spirituelle Welt, nicht mehr fern. Er lebt nicht mehr in der materiellen Welt, wo bei jedem Schritt Gefahr lauert.

So erzählte Śukadeva Gosvāmī dem Mahārāja Parīkṣit über die transzendentalen Spiele Kṛṣṇas mit Seinen Freunden, den Hirtenjungen, erzählte, wie Er mit ihnen am Ufer der Yamunā saß, und wie Brahmā die Kälber und Jungen entführte und Ihm seine Gebete darbrachte. Jeder, der diese Beschreibungen hört, weitererzählt oder chantet, wird mit Sicherheit die Erfüllung seiner spirituellen Wünsche erfahren.

Hiermit enden die Erklärungen Bhaktivedantas zum 14. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Brahmā bringt Śrī Kṛṣṇa seine Gebete dar.«