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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas

Von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada
Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Kṛṣṇa - Der Höchste Persönliche Gott
Originale Version 1. Auflage 1974
7. Kapitel:
 
Krishna
 
Die Erlösung Tṛṇāvartas


 

Der Höchste Persönliche Gott, Śrī Kṛṣṇa, birgt ewiglich sechs transzendentale Füllen in sich: vollkommenen Reichtum, vollkommene Macht, vollkommenen Ruhm, vollkommenes Wissen, vollkommene Schönheit und vollkommene Entsagung. Der Herr erscheint in verschiedenen ewigen Inkarnationen, die all diese Qualitäten besitzen. Der bedingten Seele bieten sich also viele Möglichkeiten, über die transzendentalen Spiele zu hören, die der Herr in diesen verschiedenen Inkarnationen offenbart. In der Bhagavad-gītā heißt es in diesem Zusammenhang: janma karma ca me divyam. »Die Spiele und Aktivitäten des Herrn sind nicht materiell.« Sie befinden sich jenseits des materiellen Vorstellungsvermögens der bedingten Seele, doch wenn man von Seinen ungewöhnlichen Taten hört, kann man einen sehr großen Nutzen erfahren. Über den Herrn zu hören, ist eine Gelegenheit, mit dem Herrn zusammenzukommen. Von Seinen Taten einfach nur zu hören, bedeutet schon, zur transzendentalen Ebene erhoben zu werden. Die bedingte Seele hat die natürliche Neigung, über andere bedingte Seelen in Form von Geschichten, Dramen oder Novellen zu hören. Diese Neigung, sich mit dem Tun anderer zu beschäftigen, sollte dazu verwendet werden, von den Spielen des Herrn zu hören, denn auf diese Weise kann man augenblicklich zur Ebene der Transzendenz erhoben werden. Kṛṣṇas Spiele sind nicht nur außergewöhnlich und wunderbar, sondern haben auch eine wohltuende Wirkung auf unser Gemüt. Wenn jemand von den transzendentalen Spielen des Herrn hört, kann der materielle Unrat, der sich durch den langen Aufenthalt in der materiellen Welt in seinem Herzen angesammelt hat, augenblicklich fortgewaschen werden.

Auch Śrī Caitanya sagte, daß man durch das Hören der transzendentalen Namen Śrī Kṛṣṇas das Herz von allen materiellen Verunreinigungen befreien kann. Es gibt viele verschiedene Vorgänge zur Selbstverwirklichung, doch hingebungsvolles Dienen - bei dem das Hören über Kṛṣṇa die wichtigste Handlung ist - kann die bedingte Seele sehr schnell von allen materiellen Verunreinigungen befreien, so daß sie ihre ursprüngliche, wesenseigene Position erkennen kann. Das bedingte Leben in der Materie hat seine Ursache einzig und allein in solcher Verunreinigung. Sobald jedoch der materielle Staub entfernt ist, erwacht die natürliche, schlafende Funktion des Lebewesens, die darin besteht, dem Herrn in Hingabe zu dienen. Wenn man seine ewige Beziehung zum Herrn wiedererweckt, schließt man auch mit den Geweihten des Herrn Freundschaft. Mahārāja Parīkṣit empfahl aus eigener Erfahrung, daß jeder von den transzendentalen Spielen des Höchsten hören solle. Dieses Buch über Kṛṣṇa dient eben diesem Zweck, und der Leser tut gut dārān, die Gelegenheit zu nutzen und das endgültige Ziel des menschlichen Lebens zu erreichen.

Der Herr erscheint aus Seiner grundlosen Barmherzigkeit in der materiellen Welt und entfaltet Seine Aktivitäten, die denen eines gewöhnlichen Menschen gleichen. Unglücklicherweise halten die gottlosen Menschen, die Atheisten, Kṛṣṇa für einen gewöhnlichen Menschen, für einen der ihren, und verspotten Ihn. Diese Haltung wird in der Bhagavad-gītā vom Herrn Selbst verurteilt: Avajānanti māṁ mūḍhāh. »Die mūḍhas, die Schurken, halten Mich für einen gewöhnlichen Menschen, oder für einen, der ein wenig mächtiger ist als sie selbst. Zu ihrem Unglück können sie Mich nicht als den Höchsten Persönlichen Gott anerkennen.« Manchmal behaupten solche unglückseligen Menschen sogar, sie selbst seien eine Inkarnation Kṛṣṇas, ohne sich jedoch auf die autorisierten Schriften beziehen zu können.

Als Kṛṣṇa etwas älter wurde, begann Er Sich eines Tages vom Rücken auf den Bauch zu drehen. In dieser Zeit jährte sich auch Sein Geburtstag zum erstenmal, und Mutter Yaśodā und Nanda Mahārāja bereiteten eine Geburtstagfeier für Kṛṣṇa vor.

Dieser Tag, der als Janmāṣṭamī bekannt ist, wird auch heute noch von den Anhängern der vedischen Prinzipien und von allen Hindus gefeiert, ungeachtet ihrer unterschiedlichen sektiererischen Ansichten.

Alle Kuhhirten und ihre Frauen wurden eingeladen, an dieser Feier teilzunehmen, und sie erschienen mit großem Jubel. Schöne Musik wurde gespielt, die alle Anwesenden in freudige Stimmung versetzte, und auch die gelehrten brāhmaṇas des Ortes waren eingeladen worden und chanteten vedische Hymnen, um Kṛṣṇa eine gute Zukunft zu wünschen. Während die vedischen Hymnen gechantet wurden und die Musiker spielten, wurde Kṛṣṇa von Mutter Yaśodā gebadet. Diese Badezeremonie wird »abhiṣeka« genannt und wird auch heute noch in allen Tempeln von Vṛndāvana an Janmāṣtami, d. h. am Geburtstag Kṛṣṇas, durchgeführt.

Mutter Yaśodā ließ eine große Menge Getreide verteilen, und es wurden die besten, mit goldenen Halsketten geschmückten Kühe bereitgestellt, die den gelehrten und ehrwürdigen brāhmaṇas als Spende übergeben werden sollten. Nachdem Mutter Yaśodā ihr Bad genommen und ihre schönsten Kleider angelegt hatte, nahm sie den frischgebadeten und frischgekleideten Kṛṣṇa auf den Arm und setzte sich mit Ihm zu den brāhmaṇas, um dem Chanten der vedischen Hymnen zuzuhören. Während sie den brāhmaṇas zuhörte, wurde der kleine Kṛṣṇa sehr müde, und so legte Mutter Yaśodā Ihn behutsam schlafen. Da sie voll und ganz damit in Anspruch genommen war, Freunde, Verwandte und die Einwohner von Gokula zu empfangen, vergaß sie, dem Kind die Brust zu geben. Als Kṛṣṇa nach einiger Zeit erwachte, war Er sehr hungrig und begann zu schreien, doch Mutter Yaśodā konnte Ihn in all dem Trubel nicht hören. Als Seine Mutter Ihm keine Aufmerksamkeit schenkte, wurde Kṛṣṇa sehr zornig; Er streckte Seine Beinchen von Sich und begann mit Seinen Lotosfüßen wie ein gewöhnliches Kind zu strampeln.

Mutter Yaśodā hatte Ihn unter einen Handkarren gelegt, und als Kṛṣṇa mit Seinen Beinen in die Luft stieß, berührte Er zufällig das Rad des Wagens, das zerbrach, worauf der Karren zusammenstürzte. Das Messing- und Metallgeschirr und die verschiedenen Gegenstände, die auf dem Handkarren gestapelt waren, fielen unter großem Getöse herunter; das Rad löste sich von der Achse, und die zerbrochenen Speichen wurden überallhin verstreut. Mutter Yaśodā und alle gopīs sowie Mahārāja Nanda und die Kuhhirten eilten sogleich herbei und waren sehr erstaunt, als sie den zerbrochenen Wagen sahen. Sie stellten Vermutungen an, wie der Karren hatte zusammenstürzen können, doch niemand konnte die Ursache herausfinden. Einige kleine Kinder, denen Kṛṣṇa zur Aufsicht anvertraut worden war, teilten den Umstehenden mit, der Karren sei plötzlich umgefallen, weil Kṛṣṇa mit Seinen Füßen gegen das Rad getreten habe. Sie versicherten, daß sie dies mit eigenen Augen gesehen hätten, und beteuerten, daß sie die reine Wahrheit sprachen. Einige glaubten den Kindern, doch andere sagten, »wie kann man nur den Worten kleiner Kinder Glauben schenken?«

Die Kuhhirten und Kuhhirtinnen konnten nicht verstehen, daß der Allmächtige Persönliche Gott vor ihnen als Säugling lag und alles tun konnte, was Ihm beliebte. Das Mögliche wie das Unmögliche standen in Seiner Macht.

Inmitten der Diskussion begann Kṛṣṇa plötzlich zu weinen, und so nahm Mutter Yaśodā ohne weitere Überlegungen das Kind auf ihren Schoß und rief die gelehrten brāhmaṇas zusammen, um sie heilige vedische Hymnen zum Schutz gegen böse Geister chanten zu lassen. Zur selben Zeit gab sie dem Baby ihre Brust.

Wenn ein Kind an der Brust der Mutter saugt, kann man sicher sein, daß es sich außer Gefahr befindet.

Die Kuhhirten reparierten den zerbrochenen Karren und legten alle Gegenstände, die verstreut herumlagen, wieder an ihren alten Platz. Die brāhmaṇas begannen dann, im Opferfeuer Butter, Yoghurt, kuśa-Gras und Wasser darzubringen. Sie verehrten den Höchsten Persönlichen Gott, um auf diese Weise das Schicksal des Kindes günstig zu beeinflussen. Die brāhmaṇas, die bei der Zeremonie zugegen waren, besaßen alle erforderlichen guten Eigenschaften und waren daher sehr qualifiziert. Sie waren niemals neidisch, sprachen stets die Wahrheit, waren niemals stolz, waren gewaltlos und beanspruchten niemals falsches Ansehen. Sie waren echte brāhmaṇas, und deshalb brauchte niemand zu befürchten, daß ihre Segnungen wirkungslos bleiben würden.

Nanda Mahārāja, der festes Vertrauen in die brāhmaṇas hatte, nahm sein Kind zu sich auf den Schoß, und während die brāhmaṇas Hymnen aus dem Ṛg-, Yajus- und Sāma-veda chanteten, badete er Kṛṣṇa in Wasser, das mit verschiedenen Kräutern vermischt war.

Es wird gesagt, daß man die mantras der Veden nicht chanten soll, solange man kein qualifizierter brāhmaṇa ist; doch die bei der Geburtstagsfeier Kṛṣṇas anwesenden brāhmaṇas besaßen alle brahmanischen Qualifikationen, und daher hatte Mahārāja Nanda großes Vertrauen in ihre Fähigkeiten und hatte ihnen erlaubt, die rituellen Zeremonien durchzuführen. Es gibt viele verschiedene Opfer, die für verschiedene Zwecke empfohlen werden, doch die dazu erforderlichen mantras müssen von qualifizierten brāhmaṇas gechantet werden. Da es im gegenwärtigen Zeitalter, dem Kali-yuga, keine qualifizierten brāhmaṇas mehr gibt, sind alle vedischen Opfer verboten. Śrī Caitanya Mahāprabhu hat aus diesem Grunde nur ein einziges Opfer für diese Zeit empfohlen: den saṅkīrtana-yajña, das Chanten des Hare Kṛṣṇa mahā-mantras: »Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare - Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare.« Als die brāhmaṇas die vedischen Hymnen zum zweitenmal chanteten und bei der Durchführung der Rituale angelangt waren, beschenkte Nanda Mahārāja sie mit einer riesigen Menge Getreide und vielen Kühen. Alle Kühe waren mit wunderschönen, goldverzierten Decken geschmückt, ihre Hörner waren vergoldet, die Hufe mit Silberplatten beschlagen, und um ihre Nacken hingen duftende Blumengirlanden. Nanda Mahārāja spendete die vielen Kühe zum Wohl seines wunderbaren Sohnes, und die brāhmaṇas gaben dem Kind daraufhin ihre von Herzen kommenden Segnungen. Man sollte verstehen, daß die Segnungen, die ein qualifizierter brāhmaṇa erteilt, niemals unwirksam sind.

Als Mutter Yaśodā einige Tage später ihr Kind auf dem Schoß hielt und liebkoste, wurde ihr das Baby zu schwer, und so setzte sie Es auf den Boden. Kurz darauf ging sie ins Haus, um weiter ihren Haushaltspflichten nachzugehen. Zu dieser Zeit erschien Tṛṇāvarta, ein Diener Kaṁsas, auf Befehl seines Herrn als Wirbelsturm in der friedlichen Atmosphäre von Gokula. Er nahm das Kind auf seine Schultern und verursachte einen großen Sandsturm über dem Dorf. Schon nach kurzer Zeit war das gesamte Gebiet von Gokula in eine dunkle Staubwolke gehüllt, so daß man nicht einmal mehr seine Hand vor Augen sehen konnte.

Als Mutter Yaśodā nach verzweifelter Suche ihr Baby nicht finden konnte, begann sie mitleiderregend zu weinen und fiel zu Boden, wie eine Kuh, die ihr Kalb verloren hat. Sofort kamen alle Kuhhirtinnen herbeigelaufen und begannen nach dem kleinen Kṛṣṇa zu suchen, doch auch ihr Bemühen blieb erfolglos - sie konnten das Kind nirgends finden.

Der Tṛṇāvarta-Dämon, der Kṛṣṇa auf seinen Schultern entführte, stieg hoch in den Himmel, doch plötzlich nahm das Baby ein solches Gewicht an, daß er nicht mehr höher fliegen konnte. Kṛṣṇa machte sich noch schwerer und drückte den Dämon durch Sein Gewicht herunter. Tṛṇāvarta fühlte, wie das Baby so schwer wie ein Berg wurde, und versuchte, Seiner Gewalt zu entkommen; doch obwohl seine Augen vor Anstrengung aus den Höhlen sprangen, war es ihm nicht möglich, Kṛṣṇa zu entgehen. Wild schreiend fiel er vom Himmel (genau wie einstmals Tripurāsura, als er von einem Pfeil Śivas durchbohrt wurde), schlug auf den Steinboden auf, so daß seine Glieder zerschmettert wurden, und hauchte sein Leben aus. Alle Einwohner von Gokula liefen aufgeregt zu der Stelle, wo Tṛṇāvarta lag, und als die gopīs bemerkten, daß der Dämon tot war und Kṛṣṇa unbekümmert auf seinem Körper spielte, nahmen sie Kṛṣṇa sogleich liebevoll in ihre Arme und drückten Ihn an sich. Die Kuhhirten und ihre Frauen waren sehr glücklich, daß ihr geliebtes Kind unversehrt geblieben war, und so sagten sie: »Ist es nicht wunderbar, daß der Dämon, der Kṛṣṇa entführte, um Ihn zu verschlingen, selbst sein Leben lassen mußte? Es geschieht ihm ganz recht, daß er getötet wurde, denn diejenigen, die zu sündig sind, sterben an den Folgen ihrer Sünden; Kṛṣṇa dagegen ist sehr fromm gewesen und wurde daher vor allen Gefahren bewahrt. Auch wir haben sicherlich in unserem vorherigen Leben große Opfer gebracht, den Höchsten Persönlichen Gott verehrt, viele Spenden gegeben und waren zum Wohl aller Menschen tätig. Nur weil wir so fromm waren, ist das Kind vor allen Gefahren bewahrt worden.«

Auch die gopīs sprachen in dieser Weise. Sie sagten: »Wie groß müssen unsere Entbehrungen gewesen sein, die wir in unserem letzten Leben auf uns genommen haben. Wir haben bestimmt den Höchsten Persönlichen Gott verehrt, verschiedene Opfer dargebracht, große Spenden gegeben und viel für die Allgemeinheit getan wie Banyanbäume gepflanzt und Brunnen ausgegraben. Als Belohnung für diese frommen Taten haben wir unser Kind zurückbekommen, das wir bereits für tot hielten.«

Alle diese wunderbaren Ereignisse ließen Nanda Mahārāja immer wieder an die Worte Vasudevas denken.

Als Mutter Yaśodā wieder einmal ihr Kind säugte und es mit großer Zuneigung liebkoste, strömte übermäßig viel Milch aus ihrer Brust, und als sie daraufhin mit den Fingern den Mund des Kindes öffnete, sah sie plötzlich die universale Manifestation. Sie sah im Munde Kṛṣṇas den gesamten Himmel, einschließlich aller Planeten und Sterne; sie sah die Sonne, den Mond, Feuer, Luft, Meere, Inseln, Berge, Flüsse, Wälder und alle sich bewegenden und sich nicht bewegenden Lebewesen. Als sie dieser Dinge gewahr wurde, begann ihr Herz schneller zu schlagen, und sie flüsterte: »Oh, wie wunderbar dies alles ist.« Sie war sprachlos vor Staunen, schloß die Augen und versank in wunderbare Gedanken.

Daß Kṛṣṇa Seine universale Form sogar zeigte, als Er noch auf dem Schoß Seiner Mutter lag, beweist, daß der Höchste Persönliche Gott immer und zu jeder Zeit der Höchste Persönliche Gott ist - ganz gleich ob Er als Kind auf dem Schoß Seiner Mutter spielt oder auf dem Schlachtfeld von Kurukṣetra den Streitwagen Arjunas lenkt. Hiermit ist bewiesen, daß das Hirngespinst der Unpersönlichkeitsanhänger falsch ist, die glauben, man könne durch Meditation oder künstliche materielle Tätigkeiten Gott werden. Gott ist immer Gott - unter allen Umständen —, und die Lebewesen sind immer Seine winzigen Teile. Sie können niemals dem Allmächtigen Höchsten Persönlichen Gott gleichkommen.

Hiermit enden die Erklärungen Bhaktivedantas zum 7. Kapitel des Buches Kṛṣṇa:
»Die Erlösung Tṛṇāvartas«.